Debatte um Impfstoffe Intensivmediziner rechnen mit geringen Folgen durch Astrazeneca-Stopp

Berlin · Eine neue Simulation zeigt, dass das vorläufige Aussetzen des Impfstoffs sich auf den Intensivstationen kaum negativ auswirken wird. Dennoch appellieren die Experten an die Politik: Die Corona-Notbremse muss eingehalten werden. Alles andere hätte Folgen.

 Deutschlands Intensivmediziner fordern die strikte Einhaltung des „Notbremse“-Mechanismus ab einer 7-Tage-Inzidenz von 100.

Deutschlands Intensivmediziner fordern die strikte Einhaltung des „Notbremse“-Mechanismus ab einer 7-Tage-Inzidenz von 100.

Foto: dpa/Jens Büttner

Deutschlands Intensivmediziner gehen nur von einer geringen Auswirkung der vorläufigen Aussetzung des Astrazeneca-Impfstoffs auf die Intensivbettenbelegung aus, fordern aber die strikte Einhaltung des „Notbremse“-Mechanismus ab  einer 7-Tage-Inzidenz von 100 . „Wir müssen wegen des Astrazeneca-Stopps nicht in totale Panik verfallen. Aber wichtig ist jetzt, dass wir uns an die Spielregeln halten. Die Politik ist in der Pflicht, sich an ihre Abmachungen zu halten“, sagte der wissenschaftliche Leiter des Divi-Intensivregisters, Christian Karagiannidis, der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Freitag). „Sicherlich bedeutet dies eine zeitliche Verzögerung, sofern der Impfstoff wieder zugelassen wird“, sagte Karagiannidis mit Blick auf den Astrazeneca-Stopp. „In unserer Simulation der Intensivbettenbelegung fällt dieser Effekt aber glücklicherweise durch die anderen Impfstoffe und die Inzidenzbremse bei 100 nicht so extrem stark ins Gewicht.“

 Zugleich betonte Karagiannidis die negativen Folgen des vorläufigen Astrazeneca-Stopps für dessen Akzeptanz in der Bevölkerung. „Der Schaden wird zweifelsfrei da sein“, sagte der Intensivmediziner. „Sollte es dazu kommen, dass der Impfstoff weiter zugelassen ist und trotzdem nicht angenommen wird, würde ich Ihn der Bevölkerung ohne Prioritätsliste anbieten, quasi auf freiwilliger Basis“, so Karagiannidis weiter.

 In der Divi-Simulation, deren Ergebnisse der „Rheinischen Post“ exklusiv vorliegen, werden die Konsequenzen der Impfstrategie sowie der weiteren Lockdown- und Hygiene-Maßnahmen für die weitere Belegung der Intensivbetten in Deutschland simuliert. Die Intensivmediziner gehen davon aus, dass Ende März eine bundesweite Inzidenz von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche erreicht sein wird. „Ab dann müssen, wie in der Ministerpräsidentenkonferenz vom 7. März beschlossen, die Lockdown-Maßnahmen des Februars greifen“, heißt es in dem entsprechenden Papier. „Bei einem Lockdown-Beginn von 100 / 100.000 sollten die Lockdown-Maßnahmen ausreichen, um in Verbindung mit der Impfstrategie die Belastungen der Intensivstationen deutlich unterhalb der Maximalwerte des Januar 2021 zu halten“, schreiben die Intensivmediziner weiter. Würde die „Notbremse“ jedoch erst ab einer Inzidenz von 200 gezogen werden, würde auf den Intensivstationen wieder die Maximalbelastung erreicht werden, rechnen die Divi-Experten vor. „Da die Lockdown-Maßnahmen alleine nicht ausreichen, um die Ausbreitung der Mutante B.1.1.7 zu verhindern, ist nur in Kombination von Nicht-Pharmazeutischen Maßnahmen (NPI) mit einer schnellen Umsetzung der Impfstrategien eine kritische Belastung zu vermeiden“, heißt es weiter in dem Papier. Unter NPI fassen die Intensivmediziner Lockdown-Maßnahmen, Kontaktverfolgung, Testung und Maskenpflicht.

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