Sechstes Treffen im Kanzleramt Integrationsgipfel: Es gibt noch viel zu tun
Berlin · Es ist der inzwischen sechste Integrationsgipfel, zudem Kanzlerin Angela Merkel am heutigen Dienstag ins Kanzleramt lädt. Schon im Vorfeld gab es massive Kritik, mancher Politiker sieht in der Veranstaltung keinen Sinn. Tatsächlich hat sich seit dem ersten Treffen 2006 einiges getan. Doch auch die Regierung weiß, dass noch viele Probleme ungelöst sind. Eine Bilanz.

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"Wir brauchen mehr ambitioniertes Handeln statt immer neue Aktionspläne für Integration", sagte die Integrationsbeauftragte der SPD, Aydan Özoguz, unserer Redaktion. Ihre Bilanz bezüglich der Integrationsgipfel ist ernüchternd. Die Veranstaltung mache so "keinen Sinn", in der Integrationspolitik gehe es nicht voran, urteilt die türkischstämmige Politikerin. Und sie steht mit dieser Ansicht nicht allein da.
Denn schon vor dem sechsten Integrationsgipfel hagelt es insbesondere vonseiten der Opposition Kritik an der jährlichen Veranstaltung der Bundesregierung. Der Grünen-Politiker Cem Özdemir sagte etwa tagesschau.de: "Dieser Gipfel bringt nicht viel mehr als wieder nur ein Foto der Kanzlerin, die Hände schüttelt."
Tatsächlich sind seit dem ersten Gipfel 2006 jede Menge Maßnahmen verabschiedet worden, um Migranten und Menschen mit Migrationshintergrund stärker am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen. Doch die Probleme sind noch längst nicht alle gelöst, nicht alle Initiativen haben die gewünschte Wirkung erzielt. Insbesondere die Integration in den Arbeitsmarkt stellt die Regierung noch vor große Herausforderungen — zumal die Politik längst begriffen hat, dass es auch im Interesse der Bundesrepublik liegt, hier Fortschritte zu erzielen.
Türkische Gemeinde mit eigenem Gesetzesvorschlag
Denn der Fachkräftemangel wird in Deutschland zunehmend spürbar, Unternehmen klagen schon jetzt, dass es etwa einen Mangel an geeigneten Lehrkräften gibt. So mancher Politiker oder Wirtschaftsexperte hatte daher auch gefordert, das Arbeitskräftepotenzial im Inland zu nutzen. Entsprechend steht die Integration von Migranten in den deutschen Arbeitsmarkt auch im Mittelpunkt des diesjährigen Integrationsgipfels.
Die Türkische Gemeinde in Deutschland hat daher eigens einen Gesetzesvorschlag vorgestellt, den sie der Kanzlerin auf dem Gipfel übergeben will. Er sieht unter anderem eine bessere Förderung von Menschen mit Migrationshintergrund im Bildungsbereich und auf dem Arbeitsmarkt vor. Auch eine bessere Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen wird gefordert. Hier allerdings ist die Regierung schon einen Schritt vorangekommen.
Im vergangenen Jahr wurde ein Gesetz verabschiedet, das die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen vereinfacht, und im Juli soll eine weitere Verordnung den Arbeitsmarkt für Einwanderer weiter öffnen. Hinzu kommen spezielle Initiativen etwa zwischen Spanien und Deutschland, um Fachkräfte nach Deutschland zu locken. Denn gerade in Krisenzeiten steigt die Zahl der gut ausgebildeten Südeuropäer an, die in der Bundesrepublik Arbeit suchen, Deutschkurse sind gefragt wie nie. Allerdings bleibt das Problem der Menschen, die bereits in der Bundesrepublik leben und nicht genügend am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können.
Weniger Schulabbrecher, bessere Abschlüsse
So wurde etwa im Fortschrittsbericht der Bundesregierung konstatiert, dass jede zweite Migrantenmutter in Deutschland ohne Job ist. Aber es gibt auch gute Nachrichten, wie tagesschau.de schreibt. So erreichten Migrantenkinder heute oft bessere Bildungsabschlüsse. Es gebe zudem gezielte Programme zur Sprachförderung für Migranten. Und der Anteil der Schulabbrecher sei zwischen 2004 und 2010 um 39 Prozent zurückgegangen.
Und so zog auch Kanzlerin Merkel in ihrem Video-Podcast eine positive Bilanz der Gipfel. "Wir haben vieles auf den Weg gebracht", sagte sie darin. Und auch von der Türkischen Gemeinde in Deutschland gibt es zumindest ein grundsätzliches Lob. Viele Projekte seien in den vergangenen Jahren in die Wege geleitet worden, zitiert die Deutsche Welle den Vorsitzenden Kenan Kolat.
Aber er übt auch Kritik und sagt, dass bei dem Gipfel wenig Konkretes beschlossen werde. Natürlich werde die Regierung nicht alle Vorschläge annehmen können, aber so ein Gremium müsse streitbar sein. Und streitbar dürfte auch der Gesetzentwurf der Türkischen Gemeinde sein, denn darin ist auch die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft enthalten. Hierbei aber ist sich nicht einmal Schwarz-Gelb einig. Während die FDP sie befürwortet, lehnt die Union sie ab. Dass sich mit dem sechsten Integrationsgipfel etwas daran ändert, ist eher nicht zu erwarten.
mit Agenturmaterial