Einsatzmöglichkeiten für Bundeswehr Innenminister Schäuble will Grundgesetz ändern

Berlin (RPO). Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) plant zwei erhebliche Änderungen im Grundgesetz, um die Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr im Inneren auszuweiten. Sein Ministerium legte jetzt bei einem Spitzentreffen der Koalition eine entsprechende Vorlage vor.

Demnach sollen sowohl Artikel 35 zur Amts- und Katastrophenhilfe als auch Artikel 87a zum Verteidigungsfall geändert werden. Der SPD geht das allerdings deutlich zu weit. Parteichef Kurt Beck erklärte sich lediglich zu einer Änderung des Artikels 35 bereit.

Schäuble setzt sich seit Jahren für eine Ausweitung der Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr im Inneren ein. In Artikel 87a will er den Verteidigungsfall nun ergänzen. Zusätzlich soll die Bundeswehr "zur unmittelbaren Abwehr eines sonstigen Angriffs auf die Grundlagen des Gemeinwesens" eingesetzt werden können, heißt es nach Informationen einer Nachrichtenagentur in dem Formulierungsvorschlag

Anti-Terror-Einsätze absichern

In Artikel 35 will Schäuble einen vierten Absatz hinzufügen. "Reichen zur Abwehr eines besonders schweren Unglücksfalls polizeiliche Mittel nicht aus, so kann die Bundesregierung den Einsatz der Streitkräfte mit militärischen Mitteln anordnen", lautet der Vorschlag des Innenministeriums. "Soweit es dabei zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, kann die Bundesregierung den Landesregierungen Weisungen erteilen." Die Anordnung der Bundesregierung soll auf Verlangen des Bundesrats aufgehoben werden können.

Die beiden Änderungen sollen präventive Anti-Terror-Einsätze der Bundeswehr absichern. Die Streitkräfte sollen so an der Abwehr von Terrorangriffen aus der Luft oder von See beteiligt werden können. Eine Absicherung solcher Einsätze mit einem einfachen Gesetz war im vergangenen Jahr gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht hatte das Luftsicherheitsgesetz gekippt, das den Abschuss von Passagierflugzeugen im äußersten Notfall erlauben sollte.

Seitdem arbeiten die Ministerien für Inneres, Justiz und Verteidigung an einer Grundgesetzänderung. Am Mittwoch kommen die drei Minister mit den Spitzen der Koalitionsfraktionen zusammen, um nach einem Kompromiss zu suchen.

Die SPD erklärte sich am Montag nach langem Zögern zu einer Grundgesetzänderung bereit. Allerdings wollen die Sozialdemokraten nur die Passage zur Amts- und Katastrophenhilfe überarbeiten. Eine Ausweitung des Verteidigungsfalls in Artikel 87a schloss Beck dagegen aus. Das werde es mit der SPD nicht geben.

"Wir werden alles unterstützen, was unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Mittel innere Sicherheit für die Menschen gewährleistet", sagte der SPD-Chef. Es werde aber auch dabei bleiben, "dass wir maßgebliche Grundorientierungen der Bundesrepublik nicht über Bord gehen lassen."

Grüne sehen Einknicken der SPD

Die Grünen werteten die Äußerungen Becks als Einknicken der SPD. "Der Vorgang zeigt: In der Koalition fehlt ein bürgerrechtliches korrektiv", sagte Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck der AP. "Ich kann nur davor warnen, durch Manipulationen im Grundgesetz auch das Abschießen von Passagierflugzeugen mit unbeteiligten Personen an Bord künftig rechtlich legitimieren zu wollen."

Auch die Linksfraktion warnte vor einer Grundgesetzänderung. Die strikte Trennung der Aufgaben von Armee, Polizei und Nachrichtendiensten gehöre zu den Kernelementen eines demokratischen Rechtsstaats, sagte Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Maurer der AP. "Wer das aufweicht oder verändert, der entfernt sich von den Prinzipien, auf denen der Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland aufgebaut wurde."

(ap)
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