Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus Innenminister erhofft sich mehr Erfolge

Berlin · Es war nicht gerade die rühmlichste Stunde der deutschen Ermittler, als die Machenschaften des Neonazi-Trios aus Zwickau nach und nach ans Licht kamen. Denn öffentlich wurde dabei auch die eine oder andere Panne. Genau das soll in Zukunft verhindern werden - unter anderem mit dem Gemeinsamen Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus, das an diesem Freitag eröffnet wurde.

Neonazi-Terror: Die Chronologie der Morde
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Foto: dapd

Plötzlich ging alles ganz schnell. In der vergangenen Woche hatten sich die Innenminister von Bund und Ländern noch auf das Abwehrzentrum verständigt, nun wurde es bereits eröffnet. Das Zentrum in Köln und Meckenheim ist die Konsequenz aus den Ermittlungspannen bei der Mordserie der rechtsextremen NSU. Mit ihm, so erklärte Innenminister Hans-Peter Friedrich am Morgen, werde auf die "organisatorischen Defizite, die erkennbar geworden sind", reagiert. Friedrich spricht sogar davon, dass mit der Einrichtung der Rechtsextremismus dauerhaft bekämpft werde.

Es geht um Effizienz und um Informationsaustausch. Denn gerade letzteres war ein Problem im Zusammenhang mit der NSU und dass das Trio zehn Jahre unbehelligt im Untergrund leben konnte. So konnte das Trio 1998 in Jena trotz eines Haftbefehls (es waren Sprengstoff und Rohrbomben in einer Garage gefunden worden) untertauchen. Auch wurde keine Verbindung gezogen, als die Phantombilder eines Verdächtigen nach einem Anschlag in Köln Ähnlichkeiten einem Verdächtigen in Nürnberg ähnelten. Pannen, die sich nun möglichst nicht mehr wiederholen sollen.

Bis zu 140 Mitarbeiter

Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist mit dabei, das Bundeskriminalamt und verschiedene Länderbehörden. Sie wollen mit täglichen Lagebesprechungen, Analysen und dem Austausch von konkreten Maßnahmen den Informationsaustausch fördern. Bis zu 140 Mitarbeiter werden dafür ab sofort im Einsatz sein.

Auch die Aufklärung im Internet soll nicht zu kurz kommen, wie der Präsident des Verfassungsschutzes erläuterte. dafür wurde eine eigene Stelle geschaffen. Denn es wird immer deutlicher, dass die Rechtsextremisten vor allem über das Internet versuchen, Einfluss zu nehmen. Da werden zum Beispiel Facebook-Seiten ganz harmlos gestaltet mit Parolen, die von vielen in der Gesellschaft geteilt werden - etwa "Weg mit Kinderschändern". Auf den ersten Blick ist dabei nicht erkennbar, dass sich dahinter Rechtsextremisten verbergen.

Das Prinzip des Zentrums soll allerdings auf Freiwilligkeit beruhen, weil die Hoheit weiter bei der jeweilig zuständigen Behörde bleiben soll. Allerdings ist gerade nach den Erfahrungen mit dem Neonazi-Trio nicht davon auszugehen, dass sich wirklich jemand einer Zusammenarbeit verweigert. Zumal es bereits ein Vorbild für das Abwehrzentrum gibt. Und das agiert offenbar recht erfolgreich.

Das andere Abwehrzentrum

Es geht um das Gemeinsame Terrorismus-Abwehrzentrum in Berlin, dass im Zuge der Anti-Terrorgesetze nach den Anschlägen vom 11. September 2001 geschaffen wurde. Damals gab es noch eine große Diskussion, ob ein so koordiniertes Vorgehen der Behörden rechtlich überhaupt möglich ist. Heute wird danach nicht mehr gefragt, denn die Arbeit in Berlin hat sich bewehrt.

So zitierte etwa tagesschau.de den Bundesanwalt Rainer Griesbaum, Leiter der Terrorismusabteilung, mit den Worten: "Der große Vorteil besteht darin: Man trifft sich zur Lagebesprechung, alle sind im selben Gebäude den ganzen Tag zu erreichen. (...) Es wird Zeit gespart."

Erfolgreich, so schreibt tagesschau.de weiter, war das Zentrum auch in einem bekannten Fall: dem der Sauerland-Gruppe. An diese Erfahrungen wird wohl auch Minister Friedrich gedacht haben, als er aufgrund des großen Entsetzens über die Taten der NSU schnell Lösungen präsentieren musste, um so etwas in Zukunft verhindern zu können. Eines jedenfalls wird mit dem neuen Abwehrzentrum schon jetzt deutlich: Der Kampf gegen Rechtsextremismus ist nun auch auf politischer Seite keine Eintagsfliege oder purer Aktionismus, sondern wird einen dauerhaften Platz bei den Behörden haben.

(das)
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