Inflation durch Schattenhaushalte Der erste Sündenfall der künftigen Ampel-Koalition

Meinung | Berlin · Die neue Bundesregierung will offenbar Hunderte von Milliarden Euro an Schulden an den offiziellen Haushalten vorbeischleusen. Das untergräbt die Finanzdisziplin und könnte die Inflation beschleunigen.

 Banknoten liegen aufgefächert auf einem Tisch. Die Ausgabenpläne der neuen Ampel-Koalition werden nicht solide finanziert.

Banknoten liegen aufgefächert auf einem Tisch. Die Ausgabenpläne der neuen Ampel-Koalition werden nicht solide finanziert.

Foto: dpa/Arne Dedert

Es sieht so aus, als würde die Ampel-Koalition ihr erstes großes politisches Vorhaben mit einem Sündenfall beginnen. Weil die Aufgaben so gewaltig sind, die Mittel aber nach dem Corona-Einbruch der Wirtschaft so knapp, will sich die neue Bundesregierung massiv verschulden. Das darf sie aber nicht, weil die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse eine Nettokreditaufnahme von höchstens 15 Milliarden Euro pro Jahr zulässt. Die Koalitionäre benötigen aber mindestens 50 Milliarden jährlich – für Digitalisierung, Infrastruktur, Klimaprojekte und Gesundheitsvorsorge.

Woher also nehmen und nicht stehlen? Da sind die Parteien SPD, Grüne und FDP auf die Umwegfinanzierung verfallen. Sie verwandeln vorhandene Behörden in öffentliche Unternehmen, um ungehindert Schulden machen zu können. Eine Idee ist, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in einen staatlichen Wohnungsbaukonzern umzubauen. Damit könnte dann ein künftiger Kanzler Olaf Scholz (SPD) sein Versprechen einlösen, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu errichten. Der Staat wird sich da wohl mit einem zweistelligen Milliardenbetrag beteiligen müssen.

Eine neue Stellung soll überdies die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau bekommen. Sie ist inzwischen die drittgrößte Bank der Bundesrepublik. Wenn sie jetzt Klimaprogramme, Energiesparmaßnahmen und Gebäudesanierungen in viel größerem Umfang als bisher finanzieren soll, könnte sie schnell zur Nummer zwei – vielleicht sogar zur Nummer eins – aufsteigen und zur wichtigsten Finanzinstitution Deutschlands werden. Die Staatswirtschaft lässt grüßen. Auch die Energie- und Klimafonds sowie der Wirtschaftsstabilisierungsfonds eignen sich aus Sicht der Ampel-Koalitionäre hervorragend als staatliche Schulden-Institutionen.

Die neue Regierung kann also Kredite aufnehmen, ohne dafür vom Bundestag zur Rechenschaft gezogen zu werden. Auch die Öffentlichkeit dürfte sich schwer tun, das komplizierte Finanzgeflecht zu durchschauen, das hier im staatlichen Auftrag Milliarden an Darlehen aufnehmen will. Doch Schulden im Übermaß unterminieren das Vertrauen in die Finanzpolitik, die bislang ein Markenzeichen Deutschlands war. Denn der Bund muss für die Defizite aufkommen, wenn sich die Projekte nicht selbst tragen oder gar völlig. Und das Geld fehlt dann künftig für weitere Projekte in Bildung, Forschung oder Gesundheit. Das sieht man an vielen Ruhrgebietsstädten, die keinerlei finanziellen Bewegungsspielraum mehr haben.

Auch die Zinsen, die derzeit noch sehr niedrig und attraktiv sind, dürften irgendwann wieder steigen. Das mindert die Schuldentragfähigkeit und erhöht den Zuschussbedarf durch den Bund. Das hochverschuldete Italien lässt grüßen, das gleichfalls jahrelang durch gewaltige Bank- und Staatsschulden politisch und wirtschaftlich blockiert war.

Hinzu kommen die neuerlichen Inflationsgefahren. Noch mag die Rate von bis zu fünf Prozent ein Ausrutscher sein, der den knappen Rohstoffen und Vorprodukten sowie der erhöhten Mehrwertsteuer geschuldet ist. Angesichts der gewaltigen Geldmenge, die die Europäische Zentralbank im Rahmen ihrer vielen Hilfspakete und Aufkaufprogramme geschaffen hat, könnten die Mittel schnell in den Kreislauf gebracht werden und Preissteigerungen auslösen, die nicht so einfach zu stoppen sind. Die Sparguthaben und Geldvermögen der Bürgerinnen und Bürger verlieren drastisch an Wert. Die Ampel als Inflationstreiber? Das ist das letzte, was wir nach der Corona-Krise noch gebrauchen können.

Die neue Regierung wäre deshalb gut beraten, ihre Vorhaben in den Bundeshaushalt einzubringen. Sie muss dann politisch gut begründen, warum die Ausgaben notwendig sind. Und sie kann – wegen der Klimakrise – sogar die Schuldenbremse zeitweise außer Kraft setzen. Allerdings in einem geordneten parlamentarischen Verfahren. So gehört sich das in einer Demokratie. Alles andere wäre ein gewaltige Mogelpackung.

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