Kommentar In der CDU ist Angela Merkel mutlos

Berlin · US-Präsident Barack Obama bewundert Angela Merkel für ihre harte Verhandlungsführung. EU-Staatschefs fürchten Merkels eiserne Disziplin und ihre Sturheit bei nächtlichen Gipfeltreffen. Europas mächtigste Frau hat sich in siebeneinhalb Jahren Kanzlerschaft weltweit Respekt als politische Autorität erarbeitet. Als CDU-Vorsitzende ist davon nichts zu sehen.

Frauenquote in Chefetagen - So weit hinkt Deutschland hinterher
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Das plötzliche Ja der Union zu einer starren Frauenquote ist der Kotau der Kanzlerin vor ihrer Ministerin Ursula von der Leyen. Einen Machtpoker gegen die selbstbewusste Niedersächsin hat sich die Parteichefin Merkel offenbar nicht zugetraut. Das ist eine kleine Sensation.

Immerhin gilt Merkel in der Partei als unumstritten. Sie zieht mit ihrer Popularität die CDU nach oben. Ernsthafte Rivalen hatten sich in den vergangenen Jahren ins Abseits befördert oder waren von Merkel degradiert worden. Nun also die rasche Kurskorrektur von Merkel, weil von der Leyen öffentlich mit dem Gedanken liebäugelte, ins rot-grüne Lager zu wechseln.

Die plötzliche Beißhemmung der Kanzlerin erstaunt auch, weil es mal abgesehen von der inhaltlichen Debatte über die Quote keinen strategischen oder machtpolitischen Grund für die Kehrtwende zu dieser Zeit gab. Der Parteitagsbeschluss der CDU ist erst wenige Monate alt. Und er ist eindeutig. Die Mehrheit der Partei will die starre Frauenquote nicht.

Eine Drohung von der Leyens reichte dennoch, um Merkel aktiv werden zu lassen. Nur wenige Tage später beschließt der CDU-Vorstand eine Verschärfung der alten Position. Dass Angela Merkel etwa mit einem öffentlichen Wort auf den Parteibeschluss hin und damit ihre Ministerin in die Schranken weist, kam ihr offenbar gar nicht in den Sinn. Angela Merkel hätte den Rücktritt von der Leyens riskieren können. Sie hätte ihre Ministerin rauswerfen können, wenn diese mit der Opposition stimmt. Sie hätte es darauf ankommen lassen können.

Bei Norbert Röttgen handelte die CDU-Chefin damals kaltschnäuziger. Und auch von der Leyen ist nicht gerade beliebt in den Funktionärsriegen der Union. Doch Merkel suchte die Machtprobe erst gar nicht. Vielleicht fürchtet die Kanzlerin insgeheim doch, dass die eloquente Niedersächsin zur ernsthaften Konkurrentin herangewachsen ist.

(brö)
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