Erstes Parité-Gesetz Deutschlands in Brandenburg beschlossen Parteien müssen künftig Frauen und Männer in gleicher Zahl aufstellen

Potsdam · Das ist ein Novum im der bundesdeutschen Landespolitik: Als erstes Bundesland hat Brandenburg am Donnerstag ein Parité-Gesetz verabschiedet. Es verpflichtet die Parteien, bei Landtagswahlen gleich viele Frauen und Männer als Kandidaten aufzustellen.

 Der Plenarsaal des brandenburgischen Landtags in Potsdam (Archivbild).

Der Plenarsaal des brandenburgischen Landtags in Potsdam (Archivbild).

Foto: dpa/Bernd Settnik

Das Gesetz wurde mit den Stimmen der Grünen-Fraktion und der regierenden SPD und Linken mehrheitlich angenommen und geht ursprünglich auf einen Antrag der Grünen von Anfang 2018 zurück. Damit soll erreicht werden, dass etwa gleich viele Männer und Frauen in künftigen Landtagen sitzen. Die Unterrepräsentanz von Frauen im brandenburgischen Landtag seit 28 Jahren widerspreche dem Demokratiekonzept der Verfassung Brandenburgs und des Grundgesetzes, das jeweils die gleichberechtigte demokratische Teilhabe vorsieht, hieß es in dem Antrag.

Die Bestimmung der Direktkandidaten wurde auf Wunsch von SPD und Linken von der neuen Regelung ausgenommen. Die Grünen wollten ursprünglich auch sogenannte Wahlkreis-Duos aus Frau und Mann. Das Gesetz tritt am 30. Juni 2020 in Kraft und gilt damit noch nicht für die Landtagswahl in diesem Herbst. Von den aktuell 88 Brandenburger Landtagsabgeordneten sind derzeit 35 Frauen.

CDU und AfD halten das Gesetz für verfassungswidrig und stimmten dagegen. Die CDU-Fraktion teile den Wunsch nach Parität und Chancengleichheit. Dieser Wunsch dürfe jedoch nicht dazu führen, sehenden Auges ein mit hoher Wahrscheinlichkeit verfassungswidriges Gesetz zu beschließen, hatte der CDU-Innenexperte Björn Lakenmacher zuvor in den Beratungen gewarnt. Ein eigener CDU-Antrag empfiehlt deshalb nur abgeschwächte Soll-Regelungen. Er wurde am Donnerstag in die Ausschüsse verwiesen.

Die AfD verwies auf Menschen des dritten Geschlechts, also Menschen, die sich weder als Frau noch als Mann fühlen, die mit der Regelung diskriminiert würden.

Verfassungsrechtliche Bedenken hatte auch der Parlamentarische Beratungsdienst des Brandenburger Landtags in einem Gutachten geäußert. Diese seien im Wesentlichen in die Änderungen eingeflossen, sagte Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) am Donnerstag im Landtag. Brandenburg betrete mit dem Gesetz „Neuland“. „Ein solches Pioniervorhaben ist nie ohne rechtliche Risiken“, betonte Schröter.

Die SPD-Abgeordnete Klara Geywitz sagte, Brandenburg gehe mit dem Parité-Gesetz einen wichtigen Schritt und nehme eine Vorreiterrolle ein. Gerade im Osten Deutschlands sei das Bewusstsein für die Benachteiligung von Frauen groß. Die Linken-Abgeordnete Andrea Johlige betonte, das „unwürdige Gezerre um Paragraf 219a“ zum Abtreibungsverbot zeige, warum Parität in Parlamenten notwendig sei: „Damit nicht mehr über die Köpfe der Frauen hinweg Politik gemacht werden kann“, so Johlige.

Die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Eva Högl und Katja Mast, sprachen von einer Signalwirkung auch für den Bundestag. Auch dort bestehe Handlungsbedarf. Der Brandenburger Landtag habe am Donnerstag Geschichte geschrieben.

Die Piraten und die Jungen Liberalen in Brandenburg kündigten Beschwerden beim Brandenburger Verfassungsgericht gegen das Gesetz an. In Frankreich gibt es ein Parité-Gesetz bereits seit 2001.

(felt/epd)
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