Streit um Nackt-Scanner an Flughäfen Im Nahkampf mit dem "Strahlenfinger"

Düsseldorf · Im Amsterdamer Flughafen Schiphol gibt es sie bereits: Scanner, die Passagiere mit Mikrowellen virtuell bis auf die Haut entblößen. Die EU-Kommission möchte sie nun europaweit zulassen. Deutsche Polizeigewerkschaften halten die Pläne für überflüssig und sehen keinen Sicherheitsgewinn durch die neue Technik.

 So sieht ein Bild aus, das der umstrittene Nackt-Scanner produziert.

So sieht ein Bild aus, das der umstrittene Nackt-Scanner produziert.

Foto: SCHIPHOL AIRPORT, AP

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, sagte der der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Das Sicherheitsniveau an Flughäfen lässt sich durch Körperscanner sicher nicht verbessern". Die Debatte um die Geräte sei überflüssig und führe dazu, dass die Bevölkerung die Sicherheitspolitik zunehmend als maß- und schamlos wahrnehme. "Die Zukunft liegt vielmehr in neuartigen Metalldetektoren", sagte der GdP-Chef.

Das neuartige Gerät sieht aus wie eine große Duschkabine. Allerdings erwartet Flug-Passagiere nach dem Eintritt in den Körperscanner kein Wasserstrahl. Vielmehr baden sie in in einem Wellenbad aus Infrarot- und Mikrowellen-Strahlung — jenseits einer Frequenz von 300 Gigahertz (300 Milliarden Schwingungen pro Sekunde). Handy-Netze bringen es zum Vergleich auf gerade mal 1,8 Gigahertz.

Etwa drei Sekunden lang muss der Passagier in der Kabine ausharren — mit über den Kopf gestreckten Armen. Dann haben die Sensoren den ganzen Körper mit Wellenlängen zwischen einem und einem Zehntel Millimeter abgetastet. So wie es schon jetzt im Amsterdamer Flughafens Schiphol geschieht — wenn Fluggäste dem freiwillig zustimmen und die "Strahlenfinger" den klassischen Latexhandschuhen bei der Leibesvisitation des Sicherheitsdienstes vorziehen.

Für die Strahlen ist jeder nackt

Die Kabine arbeitet berührungsfrei und geht dennoch tiefer als jeder Mensch: Die Strahlung des Scanners durchdringt die Kleidung, als ob sie gar nicht da wäre. Vor den Sensoren ist damit jeder quasi nackt. Denn erst der menschliche Körper blockt die Wellen ab: Vor allem das Wasser im Hautgewebe bildet die Mauer.

Ein Teil der Strahlung wird indes zurückgeworfen und von den Sensoren erfasst. Aus den Messeergebnisse setzt ein Computer dann ein dreidimensionales Bild des Passagiers zusammen, das bis unter die Haut geht.

Waffen — egal ob aus Metall, Keramik oder Kunststoff — oder andere verdächtig erscheinende Gegenstände können so sofort identifiziert werden. Sofern sie am Körper getragen werden. Anders als bei einem Röntgengerät dringen die Strahlen nicht sehr tief in den Körper ein. Zudem sind auch die eingesetzte Energien extrem niedrig: Die Strahlungsleistung sei 6000 bis 10.000 mal schwächer als bei einem Mobil-Telefon, werben die Anbieter der Körperscanner.

Eine Gesundheitsgefährdung soll damit ausgeschlossen werden. Trotzdem hat die Physikalisch-Technische Bundesanstalt nun Sensoren entwickelt, um die tatsächliche Belastung zu messen — für erste Tests, bevor die Geräte auch in Deutschland in den Einsatz gehen können. So wie es sich die Bundespolizei wünscht und die EU-Kommission es gerne europaweit sehen würde.

Unkenntliche Gesichter

Um die Privatsphäre der Passagiere zu schützen, sollen die Bilder umgehend gelöscht werden. Das Gesicht des Passagiers wird zudem automatisch unkenntlich gemacht, bevor die Resultate zur Ansicht auf dem Monitor eines Sicherheitsbeamten angezeigt werden. Der sitzt getrennt vom Scanner und ohne direkten Blickkontakt zu den Passagieren in einem eigenen Raum: Damit er die Ganzkörper-Aufnahmen keiner realen Person zuordnen kann.

Dem Personal am Scanner selbst wird dagegen nur ein schematisches Bild ähnlich einer Gliederpuppe auf dem Bildschirm gezeigt. Sollte der Durchblick etwas Verdächtiges feststellen, werden die entsprechenden Körperpartien von dem abseits sitzenden Kollegen rot markiert — und der Gast altmodisch zur Leibesvisitation gebeten.

(RP)
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