Asylstreit CDU und CSU vermeiden vorerst Bruch

Berlin · Die CSU gibt CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel die gewünschte Frist bis Anfang Juli, um mit bilateralen Vereinbarungen und EU-Regelungen mehr Flüchtlinge aus Deutschland fern zu halten. Eine erste Stufe setzt CSU-Innenminister Horst Seehofer indes bereits in Kraft.

 Horst Seehofer und Angela Merkel (Archivfoto).

Horst Seehofer und Angela Merkel (Archivfoto).

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Der Fortbestand von CDU und CSU als Fraktionsgemeinschaft im Bundestag ist zumindest für die kommenden 14 Tage gesichert. So lange hat die CSU Kanzlerin Angela Merkel Zeit eingeräumt, bilaterale Abkommen in Europa – beispielsweise mit Italien und Griechenland - zu schließen, damit diese Länder künftig jene Flüchtlinge zurücknehmen, die in ihren Ländern registriert wurden.

„Es gibt keinen Automatismus“, betonte Merkel mit Blick auf die weiteren Maßnahmen der Deutschen nach dem EU-Gipfel. Die CSU ist fest entschlossen, spätestens ab Anfang Juli alle Flüchtlinge an der Grenze zurückzuweisen, die bereits in einem anderen EU-Land registriert worden sind. Merkel wiederum betonte, sie wolle nach dem EU-Gipfel das weitere Vorgehen zuerst mit der CDU und dann mit der CSU beraten. Seehofer kündigte an, die Zurückweisungen aller in einem anderen Land der EU registrierten Flüchtlinge jetzt schon vorzubereiten.

Zum Druck, den die CSU damit ausübt, sagte die Kanzlerin: „Ich sehe mich angespornt, noch intensiver für eine Lösung mit europäischen Partnern zu arbeiten.“ Aber auch sie ließ gegenüber der CSU ihre Muskeln spielen: „Wenn die Maßnahme in Kraft gesetzt würde, dann würde ich sagen, ist das eine Frage der Richtlinienkompetenz.“ Soll heißen: Wenn Seehofer in Sachen Zurückweisungen tatsächlich einen Alleingang wagen sollte, kann sie ihn aus dem Kabinett entlassen.

Bereits in der Nacht zum Dienstag oder im Laufe des Tages soll eine weitere Stufe von Zurückweisungen scharf gestellt werden. Alle Flüchtlinge, die schon ein Asylverfahren erfolglos durchlaufen haben und das Land mit einer Wiedereinreisesperre verlassen mussten, sollen tatsächlich an der Wiedereinreise gehindert werden.

Eine entsprechende Anweisung wollte Seehofer laut seiner Ankündigung unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Berlin der Bundespolizei übermitteln. Bislang werden nur alle bei Grenzkontrollen festgestellten illegal Einreisenden wieder zurückgewiesen, die keine Papiere dabei haben und keinen Asylwunsch äußern. Das sind rund tausend im Monat.

Als „rechtswidriges Verhalten“ kritisierte Pro-Asyl-Chef Günter Burkhardt die Anweisung von Seehofer. „Auch wenn jemand eine Einreisesperre wegen eines bereits abgelehnten Asylverfahrens hat, muss der Fall noch einmal vom Bundesamt bewertet werden“, sagte Burkhardt unserer Redaktion. Schließlich könne jemand, der etwa aus Afghanistan komme, nach Monaten neue Asylgründe haben. Pro Asyl befürchte nun, dass es an der Grenze „vermehrt zu Kontrollen nach Hautfarbe“ komme.

Die SPD will vor dem EU-Gipfel noch mit CDU und CSU über die künftige Migrationspolitik beraten. Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles verlangte eine Sitzung des Koalitionsausschusses, um über mögliche andere Wege zur Lösung des Konfliktes zu sprechen.

Seehofer kündigte an, in den nächsten Tagen den Masterplan sowohl der Union als auch der SPD und dann der Öffentlichkeit vorzustellen. Darin enthalten seien auch weitere Punkte, die noch zu „Diskussionen“ führen würden. So setzt sich der Innenminister dafür ein, Flüchtlinge aus dem Mittelmeer nicht mehr nach Europa sondern in „Schutzzonen“ auf dem afrikanischen Kontinent zu bringen.

Merkel stellte den EU-Staaten, die künftig mehr Flüchtlinge versorgen sollen, finanzielle Hilfen in Aussicht. Auf die Frage, was sie den EU-Länder als Gegenleistung bieten könne, verwies Merkel auf das EU-Türkei-Abkommen. Was sie den Ländern konkret anbieten will, sagte Merkel noch nicht.

Auch US-Präsident Donald Trump schaltete sich in die deutsche Flüchtlingsdebatte ein. „Die Menschen in Deutschland wenden sich gegen ihre Führung“, schrieb Trump im Kurznachrichtendienst Twitter. Das Thema Migration erschüttere die ohnehin schon prekäre Koalition in Berlin.

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