Flüchtlingsdebatte Horst Seehofer weist Rassismus-Vorwurf zurück

Berlin · CSU-Chef Horst Seehofer hat sich gegen den Vorwurf zur Wehr gesetzt, er schüre Ausländerfeindlichkeit durch seine harte Haltung in der Flüchtlingspolitik.

Horst Seehofer – Merkels mächtiger Gegenspieler im Foto-Porträt
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Horst Seehofer - Merkels mächtiger Gegenspieler

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Foto: dpa/Sven Hoppe

"Das hat nichts mit Rassismus und Ausländerfeindlichkeit zu tun", sagte Seehofer der Zeitung "Welt am Sonntag" aus Berlin. "Wir wollen lediglich eine geordnete Entwicklung, wie wir sie über Jahre hatten." Er bekräftigte zugleich seine Kritik am Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): "Der jetzige Zuzug überfordert uns, es sind zu viele, es fehlen Maß und Ziel."

Den Vorwurf von SPD-Chef Sigmar Gabriel, er betreibe "Panikmache", könne er "nun gar nicht mehr ernst nehmen", sagte Seehofer weiter. Die sozialdemokratischen Ministerpräsidenten hätten schließlich dieselben Sorgen wie er in Bayern. Diesen "Zickzackkurs" werde die SPD nicht durchhalten können.

Der CSU-Chef stellte in der Zeitung auch das Recht auf Familiennachzug in Frage. "Wenn jemand in überschaubarer Zeit in sein Heimatland zurück muss, dann hat das keinen Sinn." Dazu zählten auch Menschen, in deren Heimat die Bürgerkriege bald beendet sein könnten. Auch warnte er vor Sicherheitsproblemen. So würden nach der Registrierung tausende Flüchtlinge verschwinden. "Das ist mehr als beunruhigend", sagte Seehofer.

Der bayerische Ministerpräsident hatte das Vorgehen von Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Merkel angesichts der hohen Asylbewerberzahlen mehrfach deutlich kritisiert. Zuletzt drohte Seehofer sogar mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.

Seehofer will Kontakt zu Putin intensivieren

Wegen der Krise in Syrien sucht Seehofer zudem das Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der "Welt am Sonntag" sagte der CSU-Chef: "Bayern wird den Kontakt mit Moskau bald wieder intensivieren." Für ihn sei es "ein erstes Zeichen der Hoffnung", wenn die Luftangriffe auf die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Syrien "zwischen den Mächten abgestimmt" würden.

Eine Lösung des Konflikts ohne Russland werde es nicht geben, meinte Seehofer. Ein Eingreifen der Bundeswehr in Syrien schloss er aus: "Eine militärische Option für uns sehe ich jedenfalls nicht."

Altmaier: Baldige Entscheidung über Transitzonen

Derweil kündigte der neue Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, Kanzleramtsminister Peter Altmaier, eine baldige Entscheidung zu der vor allem von Bayern und der CSU geforderten Einrichtung von Transitzonen für Flüchtlinge. Solche Zentren in Grenznähe, aus denen bestimmte Asylbewerber nach Schnellprüfungen wieder umstandslos zurückgeschickt werden könnten, "können ein vernünftiges Element sein", sagte Altmaier der "Bild am Sonntag". "Aber sie allein können das Problem nicht lösen."

Die europäischen Gesetze stellten den Mitgliedstaaten frei, Transitzonen einzurichten. "Wir besprechen diese Frage gerade in der Koalition. Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten Tagen zu einer Entscheidung kommen", sagte der CDU-Politiker.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will per Gesetz die Möglichkeit schaffen, bestimmte Flüchtlingsgruppen künftig vor der Entscheidung über die Einreise nach Deutschland bis zu einer Woche in Transitzonen an den Landesgrenzen festzuhalten. In dieser Zeit soll im Schnellverfahren geprüft werden, ob sie Anspruch auf Asyl haben.
Falls nicht, würde die Einreise verweigert. Aus der SPD und der EU-Kommission hatte es zuletzt Einwände gegeben.

Grüne: Mehr für traumatisierte Flüchtlinge tun

Die Grünen haben die Bundesregierung unterdessen aufgefordert, sich endlich um die traumatisierten Flüchtlinge im Land zu kümmern. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) dürfe nicht länger nur auf die Zuständigkeit der Bundesländer verweisen, sondern müsse sicherstellen, "dass wir bundesweit schwer traumatisierten und psychisch kranken Menschen zeitnah eine angemessene Behandlung ermöglichen", sagte die Grünen-Gesundheitspolitikerin Maria Klein-Schmeink der Deutschen Presseagentur.

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(AFP/dpa)
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