"Der ist doch weltfremd" Horst Seehofer bestreitet Veto gegen Günther Oettinger

Andechs · CSU-Chef Horst Seehofer wehrt sich gegen einen Bericht, nach dem er EU-Kommissar Günther Oettinger als "weltfremd" beschimpft hat und ihm eine weitere Amtszeit in Brüssel verwehren will. Der bayerische Ministerpräsident erklärt sich die Berichte mit einem "Hörfehler".

Horst Seehofer – Merkels mächtiger Gegenspieler im Foto-Porträt
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Horst Seehofer - Merkels mächtiger Gegenspieler

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Foto: dpa/Sven Hoppe

Es knirscht in diesen Tagen wieder spürbar zwischen CDU und CSU. Nicht nur wegen Differenzen in der Europapolitik, sondern auch wegen einer Personalie. So soll Seehofer schwer verärgert gewesen sein über EU-Kommissar Günter Oettinger (CDU) und dessen CSU-kritischen Positionen.

Differenzen mag Seehofer auch gar nicht abstreiten. Wohl aber, dass er für den EU-Energiekommissar keine Zukunft in Brüssel mehr sieht. Ein auf Äußerungen aus dem CSU-Vorstand basierender entsprechender Bericht der "Bild am Sonntag" beruhe offenbar auf einem Wahrnehmungsfehler innerhalb des CSU-Vorstands.

"Das sind die Hörfehler, die in jeder Vorstandssitzung passieren."

Laut der "BamS" sagte Seehofer Freitagnachmittag in seinem politischen Bericht hinter verschlossenen Türen: "Glaubt denn der Oettinger im Ernst, dass er noch einmal EU-Kommissar wird?" Demnach zeigte er sich hoch verärgert über Oettingers Forderung nach einer europaweiten Pkw-Maut oder einer Rente mit 70. Dem Bericht zufolge sagte er zu Oettinger: "Ich weiß nicht, was den Oettinger da immer so reitet. Unglaublich. Der ist doch weltfremd".

Während Seehofer die Äußerungen zur Zukunft Oettingers bestritt, bestätigte er die Kritik an dessen Forderungen: "Das ist nicht unsere Linie, und das habe ich kritisiert."

Trotz der Differenzen ziehen die Schwesterparteien gemeinsam in den Europawahlkampf, wie Seehofer und CDU-Generalsekretär Peter Tauber am Samstag einmütig verkündeten. Dabei hatte es auch auf anderer Ebene laut vernehmlich geknirscht. Mehrere CDU-Europaparlamentarier hatten der CSU vorgeworfen, mit ihrem Wahlprogramm ein zu großes Aber zur EU zu machen.

Den zu den Kritikern gehörenden Chef der deutschen Unions-Abgeordneten im Europaparlament, Herbert Reul, griff Seehofer persönlich an. Reul komme ja aus Nordrhein-Westfalen und sei da "sehr erfolgreich" mit seiner Politik gewesen, sagte er ironisch in Anspielung auf die vielen Oppositionsjahre der NRW-CDU.

Seehofer hatte bereits zum Auftakt der Klausur betont, er arbeite mit der CDU-Spitze um Bundeskanzlerin Angela Merkel sehr gut zusammen. "Wir werden einen gemeinsamen Wahlaufruf mit der CDU bekommen", kündigte Seehofer an. CDU-Generalsekretär Tauber sagte dem "Focus": "Wir formulieren mit der CSU einen gemeinsamen Wahlaufruf und haben keine Probleme, uns auf positive Positionen zu verständigen."

Tauber sagte, bei schwierigen Themen wie der Ablehnung des EU-Beitritts der Türkei wähle die CDU traditionell "eine etwas andere Sprache als unsere bayerische Schwester". "Aber in der Sache sind wir uns einig."

Der CSU-Vorstand beschloss einstimmig das Wahlprogramm für den Urnengang am 25. Mai. In dem sogenannten Europaplan bekennt sich die CSU zwar zur EU, kritisiert aber Bürokratie und Überregulierung durch Brüssel. Auch fordert sie eine Verkleinerung der EU-Kommission und die Möglichkeit, in Deutschland Volksabstimmungen über wichtige europäische Entscheidungen abzuhalten.

In der CDU stößt vor allem der letzte Punkt auf Ablehnung. Seehofer sagte, er sei überzeugt, sich hier langfristig durchzusetzen. "Keine Volkspartei wird am Ende mehrheitsfähig sein, ohne das Volk stärker zu beteiligen."

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi kritisierte den CSU-Europaplan. Die Christsozialen setzten auf "blanken Populismus", erklärte Fahimi in Berlin. "Mit rhetorischer Verbeugung aber bekämpft man Rechtspopulisten nicht, sondern man macht sie salonfähig."

(AFP)
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