Neue Töne aus Paris Hollande warnt vor deutsch-französischen Alleingängen

Am Sonntag treffen sich Kanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident François Hollande, um gemeinsam das Jubiläum 50 Jahre deutsch-französische Freundschaft zu begehen. Doch im Vorfeld ändert Hollande die Tonlage und rückt vorsichtig von Berlin ab.

Mai 2012: Merkel empfängt Hollande in Berlin
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Am historischen Ort Reims will Kanzlerin Merkel am Sonntag für den deutsch-französischen Schulterschluss in der Euro-Krise werben. In der Not hat sie mit Nicolas Sarkozy zuletzt doch den Ton angegeben in Europa. Der Begriff Merkozy stand dafür Pate.

Doch der neue Präsident Hollande rückt demonstrativ vom bisherigen Kurs beider Länder ab. Er beurteilt die enge Partnerschaft kritischer und warnt vor einer deutsch-französischen Vormachtstellung in Europa.

Am Samstag hob er zwar die guten Beziehungen Frankreichs und Deutschlands hervor, mahnte jedoch, es dürfe kein "deutsch-französisches Direktorium" in Europa geben. Europapolitische Alleingänge der beiden wirtschaftsstärksten EU-Staaten schloss er aus. Hollande bekräftigte damit den Bruch mit der Politik seines Vorgängers Nicolas Sarkozy.

"Wir dürfen unsere Beziehung nicht wie ein Führungsgremium auffassen, das dafür sorgt, dass Frankreich und Deutschland alleine für Europa entscheiden", sagte Hollande der französischen Regionalzeitung "L'Union" (Samstag). Zusammen mit Merkel habe er die Pflicht, die gemeinsamen Interessen beider Länder in den Dienst von ganz Europa zu stellen.

Die Kanzlerin unterstrich in ihrer am Samstag veröffentlichten wöchentlichen Videobotschaft die Bedeutung der Beziehungen beider Länder für ganz Europa. Charles de Gaulle und Konrad Adenauer hätten 1962 erkannt, dass die deutsch-französische Freundschaft ein unerlässlicher Schritt auf dem Weg zu einem vereinigten Europa sei.
"Genau daran arbeiten wir - Deutschland und Frankreich - gemeinsam.
Und das tun wir auch angesichts der aktuellen Herausforderungen."

Die beiden Staatsmänner hätten damals Mut und Weitsicht bewiesen, sagte die Kanzlerin weiter. "Sie haben die Bedenken Vieler beiseite getan und haben einen Neuanfang gewagt, einen einzigartigen Neuanfang, der international zu einer der bedeutendsten Freundschaften geführt hat - der deutsch-französischen Freundschaft."

In der Eurokrise vertraten Merkel und Hollande zuletzt unterschiedliche Auffassungen über den besten Ausweg. Während Merkel einen strikten Sparkurs verfolgt, ist Hollande zu mehr Ausgaben zwecks Ankurbelung der Konjunktur bereit.

Hollande übte erneut Kritik am Kurs der deutsch-französischen EU-Politik unter dem Duo Merkel und Sarkozy. "Ich bin mir nicht sicher, ob es so gewollt (...) war, aber manchmal konnten sich bestimmte Länder ausgegrenzt fühlen oder sie waren gezwungen, einen Kompromiss zu akzeptieren, der bereits von unseren zwei Ländern ausgearbeitet war", sagte der erste Sozialist an Frankreichs Staatsspitze seit 1995.

Die gegenwärtige Krise in Europa erfordert nach Einschätzung der Grünen ein gemeinsames und gut abgestimmtes Vorgehen von Frankreich und Deutschland. "Es kann nur einen gemeinsamen europäischen Weg geben, der zu noch mehr Miteinander statt einem Gegeneinander führt", erklärten die Bundesvorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir nach Angaben ihrer Partei.

Merkel und Präsident Hollande gedenken in Reims der deutsch-französischen "Versöhnungsmesse" vor 50 Jahren - 17 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Der gemeinsame Besuch der Kathedrale ist der Auftakt eines einjährigen Festprogramms. Es folgen Feierlichkeiten zum Jahrestag der Unterzeichnung des deutsch-französischen Freundschaftsvertrags (Elysée-Vertrag) im Januar 2013 und der Gründung des Deutsch-Französischen Jugendwerkes im Juli 2013.

(dpa)
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