Sorge der Rechten Wird eine Wagenknecht-Partei bei der AfD wildern?

Analyse | Berlin · Die einen hoffen, AfD’ler befürchten, dass eine Wagenknecht-Partei vor allem Sympathisanten der Rechtspopulisten abziehen könnte. Doch Experten sagen, dies realistisch einzuschätzen, sei noch zu früh.

 Ob die Linke Sahra Wagenknecht mit einer eigenen Partei tatsächlich bei der AfD wildern würde, ist laut Experten noch nicht ausgemacht.

Ob die Linke Sahra Wagenknecht mit einer eigenen Partei tatsächlich bei der AfD wildern würde, ist laut Experten noch nicht ausgemacht.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Gelassenheit. Die ist jetzt für die vom Umfragehoch beflügelte AfD das Gebot der Stunde. „Ich sehe dem ganz entspannt entgegen“, sagt etwa Parteivize Stephan Brandner. „Mittel- bis langfristig erwarte ich keine für uns negative Wählerwanderung“, so Brandner zu unserer Redaktion. Gleichwohl räumt er ein: „Kurzfristig könnte das zunächst allerdings anders aussehen.“ Die Wagenknecht-Partei, so sie denn kommt, wird bei der AfD wildern. Weil die Linke mitunter redet und handeln will wie die Rechten. Das ist eine weit verbreitete These, das ist auch die Sorge bei den Rechtspopulisten. Experten sagen freilich, dass die Rechnung so simpel nicht ist.

Als die AfD Ende Juli in Magdeburg zum Parteitag zusammenkam, da drehten sich am Rande viele Gespräche auch um mögliche Pläne Sahra Wagenknechts. Die Befürchtung schwang immer mit, dass eine von ihr gegründete Partei viele Sympathisanten gerade im Osten abziehen könnte. Ob Sahra Wagenknecht die größte Gefahr sei für die AfD, wurde dann auch Co-Parteichefin Alice Weidel am Sonntag im ARD-Sommerinterview gefragt.

Sie schätze Wagenknecht persönlich wegen ihrer Positionen in der Corona- und Ukraine-Politik, antwortete Weidel. „Jede Spaltung des regierungskritischen Lagers soll die AfD von der Regierungsbeteiligung abhalten“, warnte sie zugleich. Sobald jedem klar sei, dass die Linke damit zu einer „willigen Erfüllungsgehilfin der Ampel und der CDU“ werde, werde Wagenknecht ganz andere Umfragewerte haben. Prinzip Hoffnung. Parteivize Brandner sieht es so: Im Ergebnis werde eine Wagenknecht-Partei „kein überzeugendes Programm vorlegen und vielmehr wohl der Wiederaufguss und ein Sammelsurium von rückwärtsgewandten linken Ideen sein“.

Doch was sagen Experten? Der Dresdner Politologe Werner Patzelt bewertet die Sache so: Es gebe teils eine Hoffnung und teils eine Befürchtung, so Patzelt zu unserer Redaktion, dass eine Wagenknecht-Partei viele Anhänger der AfD binden könne. Das lasse sich aber erst dann seriös abschätzen, „wenn klar ist, wer denn die Mitstreiter von Frau Wagenknecht sein werden“. Außerdem werde es eine Debatte geben, „wie sie sich von der AfD abgrenzt und wie nicht“. Erst, wenn das alles geklärt sei, lasse sich abschätzen, ob es Wählerwanderungen von der einen in die andere Richtung geben werde. Der Zuspruch Wagenknechts im Osten resultiere vor allem aus ihrer Prominenz und daraus, dass Wagenknecht sich gegen soziale Ungerechtigkeit und gegen Zuwanderung positioniere. Nicht zuletzt deshalb gab es Anfang des Jahres auch ein Angebot des starken Mannes der AfD, des Thüringer Fraktionschefs Björn Höcke, doch zu seiner Partei zu wechseln. Eine Offerte, die auch als Sorge Höckes vor den Absichten Wagenknechts interpretiert wurde.

Forsa-Chef Manfred Güllner nennt Zahlenspiele „Unfug“, wonach eine Wagenknecht-Partei aus dem Stand zweistellige Ergebnisse einfahren könnte. „Das ist eine Überschätzung sondergleichen. Das hat mit dem wahren Wählerpotenzial wenig zu tun“, so Güllner zu unserer Redaktion. „Wir haben es realistisch ermittelt. Rund drei Prozent sagen, ich wähle die sicher.“ Güllner weiter: „Ich glaube, das wird kaum schaden.“ Die AfD-Leute fänden Wagenknecht zwar ganz „nett“, aber die AfD sei zu einem Sammelbecken geworden. „Wenn die Partei eine Chance hat, so stark zu werden bei einer Wahl wie Umfragen es derzeit nahelegen, springen die nicht ab.“ Doch erst einmal muss Wagenknecht ihre Partei auch wirklich gründen.

(has)
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