Grünen-Misere Höhn: Parteispitze schuld

Berlin (RP). Am Dienstag berät die Bundestagsfraktion der Grünen über das Abstimmungsverhalten zu den Afghanistan-Einsätzen der Bundeswehr. Viele Abgeordnete wollen sich dem Votum des Parteitages nicht unterwerfen. Die Partei steht vor einer Zerreißprobe. Bärbel Höhn gibt im Gespräch mit unserer Redaktion den Führungsspitzen die Schuld an der Misere.

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Foto: AP

"Die Situation war nicht gut, weil die Führungsleute mit einem Formelkompromiss in den Parteitag gegangen sind", so Höhn. Aus diesem Grund habe die Basis eine klare Entscheidung erzwungen, so Höhn. Die Vize-Fraktionschefin sieht die Grünen nach dem Parteitag jedoch nicht geschwächt. Hier das Interview im Wortlaut.

Sind die Grünen zerrissen?

Höhn Ich glaube nicht, dass die Partei zerrissen ist. Vielmehr war die Fraktion nach der Tornado-Entscheidung im März zerrissen. Damals hatte die Hälfte der Fraktion mit ja gestimmt, und die andere Hälfte mit nein oder Enthaltung. Zu der anstehenden Entscheidung hat sich der Bundesparteitag nun klar entschieden.

Welche Konsequenzen muss die Fraktion nun ziehen?

Höhn Im Parteirat haben wir heute deutlich gemacht, dass wir das Ergebnis des Parteitages akzeptieren. Es wurde aber auch klar, dass wenn ein Abgeordneter aus Gewissensgründen für das gekoppelte Mandat von ISAF und Tornados stimmen möchte, dann steht ihm das frei.

Wie werden Sie abstimmen?

Höhn Ich bin für eine Enthaltung. Wenn wir es schaffen für dieses Abstimmungsverhalten eine Mehrheit der Fraktion zu überzeugen, dann wäre das ein guter Weg. So könnten wir auch gut kommunizieren, dass wir nicht raus wollen aus Afghanistan, aber dass wir an einzelnen Punkten wie den Tornados Kritik haben. Deshalb wollte der Parteitag ja auch nicht der gekoppelten Entscheidung zustimmen.

Die Grünen wirken zerstritten. Brauchen Sie eine neue Führungsfigur?

Höhn Das ist zurzeit kein Thema. Wir haben noch zwei Jahre bis zur Bundestagswahl. Alle Führungsdiskussionen führen nur dazu, dass die notwendige inhaltliche Diskussion überlagert wird.

Die Partei steht aber führungsschwach da . . .

Höhn Die Situation beim Parteitag war nicht gut, weil die Führungsleute mit einem Formelkompromiss in den Parteitag gegangen sind. Aus diesem Grund hat die Basis ja eine klare inhaltliche Entscheidung erzwungen.

Der EU-Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit sagt: Joschka Fischer ist beerdigt. Richtig?

Höhn Ich glaube, dass Daniel Cohn-Bendit die Zeit verschlafen hat. Er ist mit seiner polarisierenden Rede nicht angekommen. Die Diskussionen an der Basis sind differenzierter und sachlicher. Demjenigen mit der anderen Position Verantwortungslosigkeit vorzuwerfen, das ist nicht mehr unser Stil. Cohn-Bendit war enttäuscht, dass er mit seinem Beitrag nicht gelandet ist und hat danach die Partei beschimpft.

Das Interview führte Eva Quadbeck.

(afp)
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