Gesetz soll im nächsten Halbjahr kommen Gesundheitsminister will Palliativ-Ärzte besser bezahlen
Berlin · Kurz vor dem Start der Sterbehilfe-Debatte im Bundestag hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) das Thema von einer anderen Seite her vorbereitet und einen stärkeren Einsatz der Koalition für ein würdevolles Sterben angekündigt.
Insbesondere in strukturschwachen und ländlichen Regionen fehle es noch an ausreichenden Hospiz- und Palliativangeboten, räumte Gröhe ein. Diese "weißen Flecken" müssten beseitigt werden, schrieb der Minister zusammen mit wichtigen Gesundheitspolitikern in einem aktuellen Positionspapier. Einer der Mitautoren ist der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn. "Wir wollen ein Gesetz zur Stärkung der Palliativversorgung noch im ersten Halbjahr 2015 beschließen", sagte Spahn unserer Redaktion.
Das Fachwort palliativ stammt vom Lateinischen pallium (Mantel) und umschreibt das Ziel, Schmerzen und andere Krankheitsbeschwerden zu lindern. "Dabei steht nicht die Verlängerung der Lebenszeit im Mittelpunkt, sondern die Verbesserung der Lebensqualität von schwerstkranken und sterbenden Menschen", hält das Gröhe-Papier fest, das auch von SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach und SPD-Gesundheitsexpertin Hilde Mattheis mitgetragen wird und damit den klaren Willen der Koalition wiedergibt.
"Im ländlichen Raum müssen (...) Anreize für einen Ausbau der Leistungsangebote und dafür geschaffen werden, dass ausreichend qualifizierte Pflegekräfte mit der erforderlichen Berufserfahrung zur Verfügung stehen", heißt es in der Ankündigung. Dazu will die Koalition die einschlägigen Gesetze ändern und unter anderem die Krankenkassen verpflichten, künftig 95 statt 90 Prozent der zuschussfähigen Kosten von stationären Hospizen zu übernehmen. Ärzte und Pfleger sollen gezielt geschult und die Sterbebegleitung klarer abrechnen können. Dabei müssen künftig auch ehrenamtliche ambulante Hospizdienste ins Angebot der Pflegeeinrichtungen aufgenommen werden.
Über alle Angebote und Möglichkeiten haben die Anbieter die Patienten und ihre Angehörigen in Zukunft individuell und detailliert zu informieren. Die gesetzlich vorgeschriebene Beratung muss die medizinischen Abläufe am Wunsch und Willen des Patienten ausrichten, Notfallszenarien durchspielen sowie Hilfen und Angebote auf dem Feld von Palliativmedizin, Palliativpflege und psycho-sozialer Begleitung aufzeigen.
Schon jetzt können sterbende Menschen zur Linderung ihrer Schmerzen Arzneimittel erhalten, die zur Behandlung ihrer Krankheit eigentlich nicht vorgesehen sind. Nun will die Koalition Experten prüfen lassen, ob Palliativmedizinern zum Beispiel bei Atemnot eines Patienten der Einsatz von Opioiden erleichtert werden soll. Weitere Erkenntnisse über Verbesserungsmöglichkeiten in der Palliativmedizin erhofft sich Gröhe von einem oder mehreren Modellprojekten.
Nach Ansicht von Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz wird die Erhöhung der Finanzierungsquote von 90 auf 95 Prozent kein einziges neues Bett schaffen. "Deshalb bleiben Hospize weiterhin Inseln der guten Versorgung für gerade einmal 25 000 Sterbende pro Jahr", sagt Brysch voraus. Nötig sei vielmehr die generelle Einführung der Pflegestufe für Sterbende mit einer Orientierung an den Kosten stationärer Hospize. Dazu sei aber ein Milliardenbetrag nötig.