Premier Li besucht den Altkanzler Helmut Schmidt und das Riesenreich China

Berlin · Wenn es um die deutsch-chinesischen Beziehungen geht, dann kommt auch immer wieder ein Thema auf die Agenda: die Menschenrechte. Das Regime in Peking muss sich bei diesem Punkt regelmäßig Kritik gefallen lassen. Einer, den das gewaltig stört, ist Altkanzler Helmut Schmidt. In Berlin traf der China-Kenner auf den neuen Premier des Riesenreiches.

Mai 2013: Helmut Schmidt trifft Chinas Premier Li
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Premier Li lobte bei dem Treffen die Verdienste von Helmut Schmidt um die deutsch-chinesischen Beziehungen. Es ist die erste Auslandsreise des neuen chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang, und sie führt ausgerechnet nach Deutschland. Denn nicht nur die Bundesrepublik sieht in China einen wichtigen Handelspartner, sondern das gilt auch auch umgekehrt. Im Handelsstreit um europäische Strafzölle aber ließ Li nicht nach, verschärfte bei seinem Treffen mit der Bundeskanzlerin noch den Ton.

Zum Abschluss seiner Deutschlandreise ging es für den chinesischen Premier allerdings entspannter zu. Am Morgen traf er zwar noch SPD-Chef Sigmar Gabriel und Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, doch am Nachmittag wusste er mit Helmut Schmidt einen Kenner seines Landes an seiner Seite.

Immer wieder nach China gereist

Schmidt hat den Westen immer wieder davor gewarnt, sich in die politischen Angelegenheiten des Landes einzumischen — und musste dafür mitunter harsche Kritik einstecken. Erst Anfang Mai hatte der Altkanzler im ARD-Talk von Reinhold Beckmann der westlichen Welt vorgeworfen, mit ihrer Kritik an den Menschenrechtsverletzungen in China anmaßend und arrogant zu sein.

Schließlich habe das Land anders als andere Regierungen bisher nie versucht, anderen Staaten ihr Gesellschaftsmodell aufzudrücken, so Schmidt weiter. Die Gesellschaft für bedrohte Völker hatte im Anschluss das China-Bild des Altkanzlers kritisiert und gesagt, es stimme nicht, dass die Diskussion über die Menschenrechte dem Land von außen aufgezwängt werde.

Doch Schmidt lässt sich in Bezug auf sein China-Bild nicht beirren. Der Altkanzler gilt aber auch als ein Kenner und Experte auf diesem Gebiet. 1975 war er der erste Kanzler, der China und dem damaligen Machthaber Mao Zedong einen Staatsbesuch abstattete. Seither ist er immer wieder in das Land gereist. Erst Ende April kam sein Buch "Ein letzter Besuch: Begegnungen mit der Weltmacht China" auf den Markt. In einem Vorabdruck der "Zeit" zeichnete er das Bild einer ökonomischen Weltmacht, die durchaus Probleme hat. Er schreibt darin von dem enormen Bevölkerungszuwachs, von den Spannungen zwischen Arm und Reich.

Schmidt fordert "Respekt" statt "Überheblichkeit"

Doch die innenpolitische Situation schätzt Schmidt als "erstaunlich stabil" ein. Demonstrationen richteten sich eher gegen lokale Missstände als gegen das kommunistische Regime. In dem Vorabdruck des Buches wiederholt er auch seine Forderung, dass der Westen auf Überheblichkeit verzichten und der ältesten Kulturnation der Welt Respekt zollen solle.

Bereits im Dezember vergangenen Jahres hatte er betont, China sei "das friedlichste Land in der Weltgeschichte". Es habe keine praktische Tradition, andere Staaten zu unterwerfen. Allerdings nannte er als Einschränkung Tibet und eine Provinz, in der eine ethnische Minderheit unterdrückt wird. Massive Kritik hatte der Altkanzler aber vor allem dafür geerntet, dass er in einem Interview ein gewisses Verständnis für das Handeln des chinesischen Regimes während des Aufstandes auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 in Peking zeigte.

All das dürfte auch Li bekannt sein. Und so enthielt dieses Treffen eine gewisse Symbolik des chinesischen Machthabers. Doch Li und Schmidt ist dabei durchaus bewusst, wie wichtig die wirtschaftlichen Beziehungen mit der Bundesrepublik sind. Und der Bundesregierung ebenfalls — Handelsstreit hin oder her.

(das)
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