Neue Regeln zum Heizungstausch Entkernter Klimaschutz

Meinung | Berlin · Klimaschutz ist keine Aufgabe, die allein die Bundesregierung zu erledigen hat. Sie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie geht jeden und jede etwas an, zum Beispiel beim Heizungstausch. Sich nur auf die Regierung, auf „die da oben“ zu verlassen, wird nicht zum gemeinsamen Ziel führen.

 Die Lüftungsanlage einer Wärmepumpe vor einem Wohnhaus (Symbolbild).

Die Lüftungsanlage einer Wärmepumpe vor einem Wohnhaus (Symbolbild).

Foto: dpa/Silas Stein

Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger steht zwar hinter den ambitionierten Klimazielen, wie Umfragen immer wieder zeigen. Wenn es aber um die persönlichen Konsequenzen geht, etwa den Einbau einer neuen Heizung, ist es mit dem Verständnis für den Klimaschutz schnell vorbei. Die allseits erwünschte CO2-Reduktion wird aber nicht einfach vom Himmel fallen. Sie erfordert Taten und Investitionen.

Es wird also teurer für alle werden — nicht nur für den Staat, der verspricht, den Heizungstausch mit Zuschüssen zu fördern. Lange Zeit hat der Mensch die Natur schonungs- und kostenlos ausgenutzt. Die Kosten des Klima- und Naturschutzes sind die Zeche, die die Menschheit dafür zu zahlen haben wird. Es ist irreführend, wenn die Regierung den Bürgern suggeriert, sie werde niemand im Stich lassen. Natürlich werden Menschen auch im Stich gelassen werden müssen. So viel staatliches Geld, dass nun jeder und jede eine staatliche Hilfe beim nötigen Heizungsumbau erwarten darf, kann es gar nicht geben. Klimaschutz ist in erster Linie eine privatwirtschaftliche Angelegenheit, der Staat gibt nur die Rahmen- und die Förderbedingungen vor.

Diese Bedingungen müssen aber einfach, klar und wirtschaftlich kalkulierbar sein. Sie müssen zudem die praktische Umsetzbarkeit berücksichtigen. Ob das bei dem nun überarbeiteten Gebäudeenergiegesetz der Fall ist, ist zu bezweifeln. Denn er entkernt das klare Grundprinzip, dass ab 2024 nur noch solche Heizungen zugelassen sein sollen, die mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden können. Es wird nun viele Ausnahmen, Härtefälle, Sonderregeln geben. Richtig ist, soziale Härten abzufedern und Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen staatlich zu unterstützen. Aber zu viele Ausnahmen vom Grundprinzip drohen das gesamte Vorhaben auszuhöhlen.

Der neue Entwurf schafft zunächst noch weniger Klarheit und Planungssicherheit, die Investoren jetzt aber sehr rasch brauchen. Zudem werden die Länder und der Bundestag in den kommenden Wochen weiter an dem Gesetz herumdoktern. Zu befürchten sind dann weitere Ausnahmen und mehr Unklarheit. Warum beispielsweise sollen nur Menschen ab 80 Jahren auch weiterhin Öl- und Gasheizungen einbauen dürfen und nicht auch Menschen ab 70 oder 75?

Wenn aber größere Gruppen wegen der vielen Ausnahmen doch nicht aufgerufen sind, sich Gedanken über eine klimaschonendere Heizung machen zu müssen, wird der Klimaschutz im Gebäudesektor nicht schnell genug vorankommen. Das ist angesichts der Rückschläge auch im Verkehrsbereich keine beruhigende Analyse vor allem für jüngere Generationen. Man erinnere sich: Erst vor wenigen Tagen hatte die Koalition beschlossen, auch das Klimaschutzgesetz aufzuweichen. Die einzelnen Sektoren, sprich die Bereiche Gebäude und Verkehr, sollen nun nicht mehr sofort nachsteuern müssen, wenn sie ihr jährliches CO2-Reduktionsziel verfehlen.

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