Kommentar zur Vorratsdatenspeicherung Ein neuer Anlauf für die Vorratsdaten

Meinung | Düsseldorf · Nach dem Terror in Frankreich keimt auch in Deutschland die Sicherheitsdebatte wieder auf - auch die Vorratsdatenspeicherung wird erneut diskutiert. Die beste Idee ist jetzt Besonnenheit.

Heiko Maas: Ein neuer Anlauf für die Vorratsdaten
Foto: dpa, Jens Büttner

Politischer Reflex oder notwendige Diskussion? Die politische Debatte über mehr Sicherheit bricht immer dann los, wenn gerade mal wieder etwas passiert ist. Und weil sich niemand dem Totschlag-Argument aussetzen möchte, er instrumentalisiere ein so schreckliches Ereignis wie den Terroranschlag von Paris, nur um seine politischen Ideen durchzudrücken, mahnen nun alle zur Besonnenheit. Besonnenheit ist auf jeden Fall eine gute Idee, wenn es um die Sicherheit geht.

Wobei die Vorratsdatenspeicherung, also das Sammeln von Daten über Telefonverbindungen und Internetbesuche der Bürger, nun kein Schnellschuss ist. Vielmehr bricht ein Jahre alter politischer Streit zwischen Union und SPD wieder auf. Wobei SPD-Justizminister Heiko Maas dieses Thema deutlich puristischer bewertet als viele seiner Kollegen Justiz- und Innenminister in den Ländern — auch von der SPD. Maas argumentiert gegen die Vorratsdatenspeicherung: Die Franzosen hätten die Möglichkeit die Kommunikationsverbindungen ihrer Bürger zu speichern und hätten auch damit den Anschlag auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" nicht verhindern können. Mit diesem Argument stellt sich der Minister allerdings dümmer als er ist. Auch Maas weiß, dass im Vorfeld der Anschläge bei den französischen Sicherheitsbehörden die Fehlentscheidung getroffen wurde, die als gefährlich eingestuften Männer nicht weiter zu beobachten. Zudem dient die Vorratsdatenspeicherung insbesondere den Ermittlern auch, wenn etwas passiert ist, rasch die Netzwerke der Täter zu ermitteln um weiteren möglichen Terroristen das Handwerk zu legen.

Nun ist die juristische Ausgangssituation für die Vorratsdatenspeicherung kompliziert: Die bisherige EU-Richtlinie, wonach die Staat Vorratsdaten speichern müssen, ist aufgehoben. Aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs war die Richtlinie dazu viel zu weit gefasst. Auch das Bundesverfassungsgericht hat schon Vorgaben gemacht: So dürfen in Deutschland zwar Daten auf Vorrat gespeichert werden, doch muss der Zugang der Behörden zu den Daten streng reguliert werden. Doch trotz dieser Urteile ist eine Lösung für die Vorratsdatenspeicherung mit Augenmaß möglich. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass Union und SPD die Vorratsdatenspeicherung neu regeln. Die Parteien sollten dieses Thema angehen. Erfreulich ist es natürlich nicht, wenn Daten von Bürgern ohne echten Anlass gespeichert werden. Eine solche Speicherung birgt immer die Gefahr von Missbrauch. Allerdings werden wir uns des modernen Terrorismus, der jede mögliche Form der Vernetzung und der globalen Kommunikation nutzt, nicht mit den Mitteln des 20. Jahrhunderts erwehren können.

(qua)
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