Arbeitgeber und Gewerkschaft enttäuscht Heftiger Widerspruch gegen Röslers Gesundheitspläne

Berlin (RPO). Die Reformpläne von Gesundheitsminister Philipp Rösler sind auf harsche Kritik gestoßen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer äußerten sich am Dienstag enttäuscht über die Vorschläge des FDP-Politikers, denen am Vormittag die Koalitionsspitze zugestimmt hatte. Harsche Töne kamen aus der Opposition. Die SPD-Gesundheitsexpertin Carola Reimann nannte die Reform "eine einzige blamable Bankrotterklärung".

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Foto: ddp

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) kritisiert die geplante Gesundheitsreform ebenfalls. "Der Sparbeitrag von 500 Millionen Euro, den die Kliniken 2011 leisten sollen, ist unverhältnismäßig und gefährdet die Versorgung der Patienten", sagte DKG-Präsident Rudolf Kösters gegenüber unserer Redaktion.

Schon jetzt schreibe jede fünfte Klinik in Deutschland rote Zahlen, mit dem Sparpaket werde der Druck weiter zunehmen. "Zudem sollen wir künftig Abschläge hinnehmen, wenn wir mehr Patienten als vereinbart behandeln", sagte Kösters weiter. Das treibe die Kliniken in ein Hamsterrad - sie arbeiteten immer mehr und bekämen immer weniger Geld pro Patient. "Damit ist die ausreichende Versorgung der Patienten in Gefahr", so Kösters.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt kommentierte den nach langem Tauziehen in der Koalition gefundenen Kompromiss mit den Worten: "Die geplante Erhöhung des Arbeitgeberbeitrags widerspricht nicht nur dem Koalitionsvertrag, sondern auch den jüngsten Zusagen der Koalitionsparteien, die Arbeitskosten nicht weiter zu erhöhen."

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach nannte das schwarz-gelbe Modell zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung eine Kampfansage an die 70 Millionen versicherten Bürger. "Es ist absolut inakzeptabel, dass ausschließlich die Versicherten alle Kostensteigerungen mit nach oben offenen Kopfpauschalen zahlen müssen", kritisierte Buntenbach.

Zusatzbeitrag zur Kopfpauschale mutiert

Für den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung geht das Konzept der Bundesregierung nicht weit genug. "Etwas sparen, Beitragserhöhungen für alle und in Zukunft kassenindividuelle Zusatzprämien nur für die Versicherten - damit bleibt die Bundesregierung mit ihren Einsparplänen deutlich hinter den Möglichkeiten zurück", erklärte die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer. "Mit einem engagierteren Sparpaket hätte ein Teil der Zusatzbelastungen vermieden werden können, ohne dass die Versorgung der Patienten darunter gelitten hätte."

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Martina Bunge, kritisierte: "Was sich Zusatzbeitrag nennt, ist endgültig zur Kopfpauschale geworden. Alles andere ist Wortklauberei." Es sei an der Zeit, dass die inner- und außerparlamentarische Opposition diesen Paradigmenwechsel verhindere.

Die Gesundheitsexpertin der Grünen, Biggi Bender, kritisierte, künftige Ausgabensteigerungen sollten allein die Versicherten über die Zusatzbeiträge tragen. "Die Überführung der Krankenversicherung in ein Kopfpauschalensystem ist damit vorgezeichnet."

Der Präsident des Sozialverbands SoVD, Adolf Bauer, bemängelte, dass mit der Ausweitung der Zusatzbeiträge die Kostenrisiken im Gesundheitssystem in Zukunft allein auf die Patienten und Versicherten abgewälzt werden sollen. "Insbesondere Geringverdiener und Rentner geraten dabei unter die Räder, denn sie sind die großen Verlierer, wenn die Zusatzbeiträge künftig ungebremst steigen."

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, meinte: "Damit werden ausgerechnet diejenigen, die durch die vergangenen Gesundheitsreformen, sinkende Löhne und Rentennullrunden ohnehin Kaufkraftverluste hinzunehmen haben, überproportional belastet."

(RP/apd)
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