UN-Experte sieht fehlende Chancengleichheit Hauptschule vor dem Aus?

München (RPO). UN-Sonderberichterstatter Vernor Munoz Villalabos stellt am Mittwoch seine Studie über das deutsche Bildungssystem vor. Schon jetzt wurde bekannt: Der Experte übt massive Kritik am mehrgliedrigen Schulsystem und bemängelt mangelnde Chancen für Kinder aus sozial schwachen Familien, die Hauptschulen besuchen. Auch eine neue ifo-Studie kommt zu dem Schluss: Die Hauptschule ist am Ende.

Deutsche Bildungspolitiker widersprachen den Thesen des aus Costa Rica stammenden Jura-Professors, der die Bundesrepublik vor einem Jahr besucht hat, bereits im Vorfeld vehement. Vor allem Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) beharrte darauf, dass die Aufteilung in Haupt- und Realschulen sowie Gymnasien in Deutschland eine Erfolgsgeschichte sei. Eine neue Studie des Münchner ifo-Institutes, die Dienstag vorgelegt wurde, unterstützt hingegen die Thesen des UN-Sonderberichterstatters.

Die ifo-Studie konnte nach Aussage der Forscher erstmals im deutschen Vergleich zeigen, dass eine frühe Aufteilung der Schüler auf Haupt- und Realschulen sowie Gymnasien schlecht für die Chancengleichheit ist. Für die Studie wertete Bildungsexperte Ludger Wößmann Daten aus den PISA-Tests aus. Dabei stellten die Forscher fest, dass in Berlin und Brandenburg eine geringere Abhängigkeit zwischen den Leistungen der Schüler und ihrem familiären Hintergrund besteht. Wößmann führte dies darauf zurück, dass in diesen beiden Bundesländern die Kinder erst sechs Jahre nach der Einschulung und nicht bereits nach vier Jahren aufgeteilt werden.

Ungleichheiten zwischen den Bundesländern

"Auch in Deutschland kann durch eine spätere Aufgliederung der Kinder auf Hauptschule, Realschule und Gymnasium und durch eine geringere Anzahl an Schultypen die Chancengleichheit für Kinder mit unterschiedlichem sozioökonomischen Hintergrund erhöht werden", erklärte Wößmann.

Wie groß in Deutschland die Unterschiede sind, sieht der Bildungsexperte durch einen internationalen Vergleich zur Chancengleichheit in 44 Ländern belegt: Während Brandenburg auf Platz 10 kam, landete Mecklenburg-Vorpommern auf Platz 40. Allerdings fanden die Forscher keine Hinweise, dass allein die Existenz von Gesamtschulen die Chancengleichheit verbessert - mehr Privatschulen dagegen schon.

Die Studie habe auch gezeigt, dass eine spätere und geringere Aufteilung der Schüler sowie Gesamtschulen nicht auf Kosten des Leistungsniveaus gingen, sagte Wößmann. Dieses bleibe konstant oder steige eher. Bessere Leistungen bringen laut der Studie vor allem zentrale Abschlussprüfungen. Klare Standards mit externer Leistungsüberprüfung erzeugen Anreize, die das Lernen aller Kinder förderten, erklärte Wößmann.

(ap)
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