Wer geht für die SPD ins Rennen? Hannelore Kraft entscheidet K-Frage

Die drei potenziellen Kanzlerkandidaten der SPD – Peer Steinbrück, Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier – schauen nach Düsseldorf. Ohne die Zustimmung der nordrhein-westfälischen Regierungschefin wird niemand Merkel-Herausforderer. Fraktionschef Steinmeier hat die Nase vorn.

Gabriel feiert Kraft in Berlin
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Die drei potenziellen Kanzlerkandidaten der SPDPeer Steinbrück, Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier — schauen nach Düsseldorf. Ohne die Zustimmung der nordrhein-westfälischen Regierungschefin wird niemand Merkel-Herausforderer. Fraktionschef Steinmeier hat die Nase vorn.

In der Berliner SPD-Zentrale und an der Spitze der Bundestagsfraktion werden Interviews mit Hannelore Kraft besonders aufmerksam gelesen. Die Spitzengenossen der Hauptstadt erhoffen sich daraus Hinweise, Botschaften, Andeutungen, aus denen ersichtlich werden könnte, wen die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin eigentlich als Kanzlerkandidaten für die SPD 2013 bevorzugen würde. Dass sie selbst nicht antreten wird, hat sie mehrfach und glaubhaft versichert.

Schwergewicht Kraft

Die Berliner Parteifreunde wissen: Kraft entscheidet die K-Frage. Nach ihrem überzeugenden Sieg bei der Landtagswahl im Mai ist die viele Jahre unterschätzte SPD-Politikerin aus Mülheim an der Ruhr mächtiger denn je. Als Chefin des größten und mitgliederstärksten Landesverbands — die Genossen von Rhein und Ruhr stellen auf einem Parteitag ein Drittel aller Delegierten — hat ihr Wort Schwergewicht.

Zudem ist Kraft, die viel Wert auf ihr Image als bodenständige, bescheidene Dienerin der Landesinteressen legt, überaus beliebt in der SPD. Beim letzten Parteitag erreichte Kraft das beste Ergebnis aller SPD-Stellvertreter. Wer sich gegen Kraft stellt, muss also schon gute Argumente haben.

Leitet Kraft die Troika?

In Berlin wird gelegentlich gewitzelt, dass in Wirklichkeit Hannelore Kraft aus Düsseldorf die Troika der Alphatiere und potenziellen Kanzlerkandidaten aus dem Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Ex-Finanzminister Peer Steinbrück lenkt.

Offiziell äußert sich Hannelore Kraft nicht zu ihren Präferenzen. Im Umfeld der Ministerpräsidentin hieß es am Diensta nur, die Entscheidung werde dann getroffen, wenn sie anstehe. Mehr gebe es dazu nicht zu sagen.

Doch es gibt eine Reihe von Kraft-Getreuen, die berichten, dass Kraft Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier leicht favorisiere. Einige Indizien und Begebenheiten sprechen in der Tat dafür. Zunächst einmal will Kraft, die am liebsten über den Alltagsproblemen stehende Landesmutter, Ruhe und Geschlossenheit in ihrer Partei.Der Wiederaufbau der NRW-SPD sei vor allem in den Städten und Gemeinden noch lange nicht abgeschlossen, glaubt sie.

Sorge um die NRW-SPD

Eine SPD-interne Debatte, angefacht durch einen polarisierenden und provozierenden Kanzlerkandidaten, passt ihr da überhaupt nicht in den Kram. Das spricht gegen den in der Partei so gerne aneckenden früheren Finanzminister Peer Steinbrück. Zudem könnte der Ex-NRW-Ministerpräsident aufgrund seiner früheren Tätigkeit in Düsseldorf landespolitische Debatten eröffnen, die Kraft und die NRW-SPD in die Bredouille bringen.

Sollte etwa die Regulierung der Banken wie bisher geplant das große Wahlkampfthema der SPD 2013 werden, dürfte die unglückliche Rolle Steinbrücks als Aufsichtsrat der durch Fehlspekulationen kollabierten WestLB wieder in die Öffentlichkeit rücken.

Persönlich schätzt Kraft Steinbrück allerdings. Es war immerhin der hanseatische Import, der Kraft als NRW-Regierungschef 2002 zur Wissenschaftsministerin beförderte und noch am Abend der rot-grünen Wahlniederlage im Mai 2005 Kraft als Fraktionschefin und somit Oppositionsführerin vorschlug. Das hat Kraft ihm nicht vergessen.

"Provokation"

Ihr Verhältnis kühlte in den Folgejahren indes etwas ab — Kraft, die Kontrolle schätzt, ärgert sich über unberechenbare Politiker. Als Steinbrück im August 2006 mitten in der Ferienzeit die Deutschen zu Urlaubsverzicht aufforderte, um die Wirtschaft zu beleben, rügte Kraft die Aussagen öffentlich als "Provokation". Kraft mag solche Ausbrüche nicht. Genau das ist Steinbrücks Kernkompetenz.

Schwierig ist Krafts Verhältnis zu SPD-Chef Sigmar Gabriel. Hannelore Kraft weiß noch zu gut, wie sehr der frühere Umweltminister sie vor ihrem Wahlsieg 2010 unterschätzte. Manche Berliner Parteifreunde trugen ihr auch abschätzige Äußerungen Gabriels zu.

Als es um die Minderheitsregierung ging, war es zwar Gabriel, der sie als Erster darin stützte, doch mag Kraft das Polternde, Unzuverlässige nicht, das Gabriel stets umgibt. Gabriel wiederum unterschätzte Kraft, band sie selten in Entscheidungen ein. Mit Garrelt Duin holte sich die NRW-Regierungschefin nun ausgerechnet Gabriels Intimfeind aus Niedersachsen an ihren Kabinettstisch.

Steinmeier besonnnen und beliebt

Bleibt Frank-Walter Steinmeier. Der besonnene und äußerst beliebte Fraktionschef kommt gut mit Hannelore Kraft klar. Es gab in den politischen Biografien der beiden keine großen Berührungspunkte, doch der Politiker-Typus Steinmeier ist ganz nach Krafts Geschmack. Inhaltlich will Kraft ihre Entscheidung in der K-Frage vor allem daran festmachen, wer glaubhaft die finanziellen Versprechen der SPD für die Kommunen im Falle eines Wahlsiegs durchsetzt.

Ohne diese Hilfen könnte Kraft bei der Einhaltung der Schuldenbremse Probleme bekommen. Am Ende geht es darum, welcher der drei SPD-Männer das gemeinsame Versprechen der Partei im Finanzkonzept auch umsetzt. Oder anders: Wem kann Kraft vertrauen? Da hat Steinmeier bislang die Nase vorn.

(csi)
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