Die Linke streitet weiter Gysi und Bisky geraten in die Schusslinie

Berlin (RPO). Bei der Linken gerät angesichts der quälenden Personaldebatten zunehmend die Parteiführung in die Kritik. Auslöser ist der Umgang mit Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch, der angesichts der offenen Vorwürfe seinen Hut nimmt. Nach Fraktionschef Gregor Gysi gerät nun auch Parteichef Lothar Bisky in die Schusslinie.

Vor allem unter ostdeutschen Linke-Politikern ist der Unmut groß. Thüringens Fraktionschef Bodo Ramelow warf Bisky Führungsschwäche vor. Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau warnte ihre Partei davor, sich in Personaldebatten zu verstricken. Bartsch schloss unterdessen einen Wechsel zur SPD aus.

Bartsch hatte am Freitag angekündigt, auf dem Parteitag im Mai in Rostock nicht wieder als Bundesgeschäftsführer kandidieren zu wollen. Vor allem westdeutsche Linke-Politiker hatten ihm vorgeworfen, interne Informationen über Parteichef Oskar Lafontaine an Journalisten weitergegeben zu haben. Bartsch hat dies entschieden bestritten.

Linke-Politiker aus dem Osten drückten ihr Bedauern über Bartschs Entscheidung aus und machten auch öffentliche Äußerungen von Fraktionschef Gregor Gysi dafür verantwortlich. "Ich hätte mir gewünscht, dass das intern geklärt worden wäre", sagte der Fraktionschef der Linken im Schweriner Landtag, Helmut Holter, in dessen Landesverband Bartsch Mitglied ist. Auch der Landesvorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern, Steffen Bockhahn, bemängelte, dass Gysi sich illoyal gegenüber Bartsch verhalten habe. Der Linke-Chef in Sachsen-Anhalt, Matthias Höhn, zeigte sich überrascht und verärgert, mit welcher Schärfe sich Gysi gegen Bartsch gewandt habe.

Ramelow nahm sowohl Gysi als auch Bisky ins Visier: "Dass wir ein Führungsvakuum haben, liegt daran, dass Funktionsträger, die nicht verantwortlich sind, Verantwortung übernehmen, und umgekehrt Funktionsträger, die verantwortlich wären, keine Verantwortung übernehmen." Nach Ansicht Ramelows hätte sich Parteichef Bisky zu den Querelen in der Partei äußern müssen. "Wir brauchen ein Zentrum in der Partei, und das muss auch leiten. Wir brauchen keine Pappkameraden", unterstrich Ramelow. Zugleich sprach er sich für mehr Frauen im Parteivorstand aus. "Gesine Lötzsch, Petra Pau und Dagmar Enkelmann sind drei erstklassige Kandidatinnen, die ich mir für Führungsaufgaben vorstellen kann", sagte Ramelow.

Wer Bartschs Nachfolge antreten wird, ist noch offen. Der Landtagsfraktionschef der sächsischen Linken, André Hahn, sprach sich für einen ostdeutschen Politiker aus. "Bei der Bartsch-Nachfolge plädiere ich dafür, dass der neue Bundesgeschäftsführer wieder aus dem Osten kommt", sagte er.

Nach Informationen des in Berlin erscheinenden "Kurier am Sonntag" werden Lötzsch gute Chancen eingeräumt. "Sie hat bereits unter Beweis gestellt, dass sie integrierend und ausgleichend wirken kann", sagte der Berliner Linke-Fraktionschef Udo Wolf der Zeitung. Weitere aussichtsreiche Kandidaten sind dem Bericht zufolge die bisherige Parteivize Katja Kipping und der Landeschef von Mecklenburg-Vorpommern, Bockhahn.

Über Bartschs politische Zukunft wird unterdessen weiter spekuliert. Einen Wechsel zur SPD, wie von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier angeboten, schloss Bartsch nach Worten eines Parteisprechers jedoch aus. Parteivize Klaus Ernst zufolge wird bei der Linken nach "einer gewichtigen Funktion für Bartsch in Partei oder Fraktion" gesucht. Am Freitag hatte Gysi Bartsch den Vize-Posten in der Bundestagsfraktion angeboten. Pau sagte dazu, darüber solle man reden, wenn es "auf der Tagesordnung" stehe.

(DDP/pst)
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