An jedem Tag eine Schlagzeile Guttenbergs erste Woche

Berlin (RP). Er ist erst kurz im Amt, aber das Wirtschaftsressort ist unter dem neuen Amtsinhabers Karl-Theodor zu Guttenberg zu neuem Leben erwacht. In den Medien ist er ungleich präsenter als sein Vorgänger Michael Glos. Tagtäglich produziert der Shootingstar neue Schlagzeilen. Begeht er keine Fehler, ist ihm nach der Bundestagswahl ein gehobener Posten in Partei oder Regierung sicher.

 Seit dem Jahr 2000 ist der Adelige mit Stephanie Gräfin von Bismarck-Schönhausen verheiratet, einer Nachfahrin Otto von Bismarcks.

Seit dem Jahr 2000 ist der Adelige mit Stephanie Gräfin von Bismarck-Schönhausen verheiratet, einer Nachfahrin Otto von Bismarcks.

Foto: AP

So schnell hat noch keiner die Beamten im Wirtschaftsministerium zum Arbeiten gebracht. Der neue Amtsinhaber Karl-Theodor zu Guttenberg ist gerade mal eine Woche in der Berliner Invalidenstraße eingezogen. Er hat gleich ein umfassendes Steuermodell durchrechnen lassen, Rettungsmodelle für den angeschlagenen Autohersteller Opel oder den fränkischen Zulieferer Schaeffler angemahnt und schon einen eigenen Passus für die Novelle des erst wenige Wochen alten Finanzmarktstabilisierungsgesetzes ausgearbeitet.

Beim letzteren bekam er freilich einen Dämpfer. Der Passus fiel im Kanzleramt glatt durch, zu Guttenberg musste nachbessern. Aber sonst bekommt der CSU-Politiker in seinem neuen Ministerium nur Bestnoten. "Er liest penibel die Vermerke", freut sich ein enger Mitarbeiter des Vorgängers Michael Glos. Der nahm es bekanntlich mit dem Aktenstudium nicht sonderlich genau. Doch zu Guttenberg belässt es nicht bei sorgsamer Lektüre. Schon kurze Zeit später gibt er klare Anweisungen an die Abteilungen, er hört zu, fragt nach, entscheidet.

Der neue Elan

Das Ministerium mit seinen rund 2000 Mitarbeitern in Berlin und Bonn ist hellwach geworden, seit der junge Adlige vor genau einer Woche als Minister vereidigt wurde. "So wahr mir Gott helfe", schloss zu Guttenberg seine Eidesformel. Und mit Gottvertrauen legt der tiefgläubige Katholik ein Tempo vor, das die Beamten trotz aller Vorschusslorbeeren für den Neuen nicht erwartet hätten.

Ganz auf sich gestellt ist der politische Senkrechtstarter ins neue Haus gewechselt. Keinen einzigen Vertrauten nahm er mit. Und er ist gewillt, alle Staatssekretäre auf ihren Posten zu belassen. Noch im Februar hatte Vorgänger Glos zentrale Stellen im Ministerium umbesetzt. Zu Guttenberg will indes keine neuen Köpfe, sondern einen neuen Elan.

Mann ohne Hausmacht

Die Beschäftigten im Haus hat er auf seiner Seite, seit er sie an seinem ersten Arbeitstag an neuer Stelle mit dem Satz "meine Damen und Herren, Sie sind die Besten, und ich freue mich auf die Zusammenarbeit" begrüßte und sich einige Tage später in der Kantine unters Volk mischte. "Das hat Glos nie gemacht. Guttenberg bemüht sich, neuen Schwung ins Haus zubringen, das spürt man", sagt ein Referatsleiter im Ministerium.

Monate vor der Bundestagswahl ein eigenes Küchenkabinett im Ressort zu etablieren, hätte für zu Guttenberg indes wenig Sinn. Er sei auch in der CSU-Landesgruppe "immer ein Solitär gewesen", erinnert sich ein Parteifreund. Selbst als Generalsekretär hat er sein Personal nur leicht verändert, immerhin einen langjährigen Mitarbeiter vor die Tür gesetzt. Aber Vertraute hatte er in den 99 Tagen im Amt nicht gewinnen können.

Der neue Schwung des Jung-Ministers findet sich auch in den Medien wieder. Täglich ist Guttenberg in den Nachrichten präsent. Nicht nur in den seriösen Blättern, wo er sich mit deutlichen Worten in die Debatten um mögliche Enteigungen oder die Rettung von Opel einschaltete. Auch das Herz des Boulevard schlägt für den Neuen.

Spiel mit der Medienklaviatur

Die "Bild am Sonntag" druckte ein großes Porträt mit Guttenberg und seiner hübschen Frau Stephanie Freifrau zu Guttenberg. Ein kluger Coup, um sich zu Beginn seiner Amtszeit Sympathien zu sichern. In den Umfragwerten schnellte der bis dato unbekannte CSU-Politiker umgehend auf einen Platz auf Augenhöhe mit dem etablierten FDP-Chef.

Wie Guttenberg täglich mit den Medien spielte, sehen Sie hier in einer Schlagzeilenübersicht.

Unter Parteifreunden gehörte der "Herr Baron", wie sie den Freiherren in seiner fränkischen Heimat nennen, keiner der üblichen Gruppierungen an. Auch von den jungen Abgeordneten sonderte er sich eher ab. Der gemeinsame Absacker der Jungen im Berliner "Westin-Hotel" lag dem CSU-Aufsteiger nicht sonderlich. "Er ist halt ein bisschen elitär", mäkelt einer der Jungen.

Eng vertraut mit Seehofer

Mit dieser Haltung hat er sich auch Feinde gemacht. Der CDU-Außenpolitiker Eckart von Klaeden fühlte sich durch seinen früheren Stellvertreter Guttenberg an den Rand gedrängt. Dem CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer trat der Bezirkschef der CSU Oberfranken bisweilen zu forsch auf. Auch mit dem eher derb-polternden Markus Söder, neuer bayerischer Umweltminister, ist Guttenberg in herzlicher Abneigung verbunden.

Richtig verlassen kann er sich nur auf CSU-Chef Horst Seehofer — und auf sich selbst. Immerhin ist Guttenberg finanziell unabhängig. Seine Familie nennt ein Schloss und die 600 Hektar Gemarkung Guttenberg ebenso ihr Eigen wie die 380 Hektar große Forstwirtschaft Hilders in Hessen. 2002 verkauften die Guttenbergs für 260 Millionen Euro ihren Anteil an den Rhön-Kliniken und 2005 das Weingut Reichsrat von Buhl (52 Hektar) in der Pfalz.

Hoffnungsträger

Die große Vermögen weckt den Neid vieler Parteifreunde — fast genauso wie sein kometenhafter Aufstieg. Trotzdem bescheinigen ihm sogar Kritiker, "das größte Talent zu sein, das die CSU derzeit hat".

Vorgesorgt hat er ebenfalls. Selbst im Fall einer verlorenen Wahl wird er seine Partei an herausgehobener Position vertreten. Bleibt die Union an der Regierung, ist ihm ein Ministeramt so gut wie sicher. Vorher muss er sich freilich bewähren. Er wird das Haus mit seinen neun Abteilungen und etlichen nachgeordneten Behörden anders als sein Vorgänger einsetzen. "Vorsprung durch Wissen", lautet einer seiner Grundsätze. Dazu kommt die Fähigkeit, aus dem Stegreif druckreife Sätze zu sprechen.

Der Adlige aus Oberfranken hat zweifellos einen Blitzstart hingelegt. Die Wirtschaftskrise und die Frage ordnungspolitisch zweifelhafter Hilfen für Opel und Schaeffler werden zu seiner großen Bewährungsprobe. Der Umgang mit diesen Hürden dürfte auch über die Zukunft des CSU-Politikers von und zu Guttenberg entscheiden.

(RP)
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