Wehrpflicht-Debatte mit Ministerkritik Guttenberg wird die Geister nicht los

Berlin (RPO). Es sollte endlich mal wieder um Politik gehen im Bundestag - und um eine der größten Reformen in der Geschichte der Bundesrepublik. Doch die Affäre um Karl-Theodor zu Guttenbergs Doktorarbeit warf auch ihre Schatten auf die Debatte um die Aussetzung der Wehrpflicht. Vor allem die Opposition sparte nicht mit unverhohlener Kritik.

Das sagte Guttenberg vor dem Bundestag
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Das sagte Guttenberg vor dem Bundestag

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Erst am Mittwoch hatte sich Guttenberg in einer Aktuellen Stunde im Bundestag den Fragen der Abgeordneten zu den Plagiatsvorwürfen gestellt. Er gab Fehler zu, entschuldigte sich und verteidigte zugleich sein Handeln nach Bekanntwerden der Vorwürfe. Doch ein Schlussstrich war damit noch lange nicht unter die Affäre gezogen.

Nicht nur, dass die Uni Bayreuth Guttenberg noch am Abend den Doktortitel entzog, auch der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes gab zu, dass díe Glaubwürdigkeit des Ministers angekratzt sei. Keine guten Voraussetzungen also für die Debatte um eine Reform, bei der noch vieles im Unklaren zu sein scheint wie etwa, welche Bundeswehr-Standorte von Einsparmaßnahmen betroffen sein werden.

Gabriel: "Politischer Hochstapler"

Doch Guttenberg ließ sich von all dem nichts anmerken. In seiner Rede würdigte er die Geschichte der Wehrpflicht und warb immens für die Reform. Denn die Bundeswehr stoße in ihrer jetzigen Struktur an ihre Leistungsgrenze.

Natürlich widmete sich auch die Opposition der Reform, kritisierte, dass die Neuausrichtung nicht gründlich genug vorbereitet worden sei. Aber es gab auch den einen oder anderen Seitenhieb gegen den Verteidigungsminister und ebenso gegen die Kanzlerin, die sich hinter Guttenberg gestellt hat.

Besonders SPD-Chef Sigmar Gabriel ließ kein gutes Haar an dem Minister. Mehrere Minuten seiner Rede widmete er der Affäre um die Doktorarbeit und fand dabei klare Worte. "Jeder hier weiß, dass wir es mit einem politischen Hochstapler zu tun haben", sagte Gabriel. Und in Richtung Kanzlerin bemerkte er, Angela Merkel mute "uns, der Bundeswehr und dem Land ein unwürdiges Schauspiel um den Verteidigungsminister zu".

"Stellen sie sich vor", sagte Gabriel in Richtung Kanzlerin, wenn es bei der Affäre nicht um Guttenberg, sondern um einen anderen Politiker gegangen wäre, was dann passiert wäre. "Dann wissen wir, wie weit weg wir von Recht und Gesetz sind". Und er fügte hinzu: "Glauben sie wirklich, dass man 270 von 400 Seiten aus Versehen abschreiben kann?"

Kritik an Nähe zu bestimmten Medien

In Bezug auf die Bemerkung der Kanzlerin, sie habe keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter eingestellt, fragte der SPD-Chef: "Spielt der Charakter eines Menschen bei der Berufung in ihr Kabinett keine Rolle mehr?" Für Gabriel jedenfalls war die Debatte die perfekte Bühne, um noch einmal nachzulegen und Guttenberg scharf anzugreifen. Der Minister selbst schaute nicht in Richtung Redepult, sein Blick verriet keine Regung.

Aber nicht nur Gabriel nutzte die Debatte, um Guttenberg noch einmal Salz in die Wunden zu streuen. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin griff Guttenberg wegen seiner Nähe zur "Bild"-Zeitung an. Der Minister habe sich der Unterstützung der Zeitung immer sicher sein können, sagte Trittin. "Jetzt finde ich es hoch interessant, an wen die Aufträge gehen sollen, mit denen für Freiwillige geworben werden soll: Nämlich ausschließlich an Bild, BamS und Bild.de", bemängelte der Grünen-Politiker.

Eines jedenfalls hat die Debatte gezeigt: Guttenberg wird sich noch lange nicht aus der Affäre um seine Doktorarbeit ziehen können - zumal die Universität Bayreuth auch noch ankündigte, dem Vorwurf der bewussten Täuschung weiter nachzugehen. Und auch die Kanzlerin wird sich immer wieder Fragen vorhalten lassen müssen, warum sie den Verteidigungsminister noch hält.

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