Gutachten der Uni Bayreuth Guttenberg verweigerte mündliche Befragung

Bayreuth (RPO). Die Ergebnisse der Prüfungskommission lassen kaum ein gutes Haar an Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Die Aufarbeitung seiner Plagiatsaffäre unterstützte er anders als angekündigt nicht in vollem Umfang. Eine mündliche Befragung habe er abgelehnt. Seine Fehler begründete er durch Dauerstress. Seiner Familie gab er indirekt eine Mitschuld.

Chronik: Von "abstrusen Vorwürfen" bis zum Rücktritt
Infos

Chronik: Von "abstrusen Vorwürfen" bis zum Rücktritt

Infos
Foto: dapd

Guttenberg habe eine mündliche Befragung der Kommission zur "Selbstkontrolle in der Wissenschaft" trotz mehrfacher Angebote abgelehnt, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Abschlussbericht. Das Fazit fällt vernichtend aus: Die Kommission wirft Guttenberg vorsätzliche Täuschung vor.

Guttenberg war am 1. März als Verteidigungsminister zurückgetreten, nachdem wegen seiner in Bayreuth abgelegten Jura-Dissertation Plagiatsvorwürfe erhoben worden waren. Der bis dahin laut Umfragen beliebteste deutsche Politiker gab auch sein Bundestagsmandat ab.

In seiner Rücktrittserklärung bezeichnete er es als sein "aufrichtiges Anliegen", die Affäre aufzuklären. Er bestritt außerdem eine vorsätzliche Täuschungsabsicht. Diese Ankündigung hat der Mann, der stets Aufrichtigkeit predigte, mehrfach unterlaufen. Bevor er die direkte Begegnung mit den Prüfern umging, wollte er die Veröffentlichung des Prüfungsberichts rechtlich verhindern lassen, scheiterte jedoch damit.

Blasse Begründungen

Die Begründungen, die der so tief gefallene Superstar von einst in seiner schriftlichen Stellungnahme Weg ablieferte, waren in den Augen der Kommission Schutzbehauptungen. Wie aus dem Abschlussbericht hervorgeht, gab Guttenberg an, dass er den vielfachen Belastungen durch seinen Beruf als Bundestagsabgeordneter, als junger Familienvater und als Doktorand nicht standgehalten habe.

Er habe eine "ungeordnete Arbeitsweise" mit "gelegentlich chaotischen Zügen" gezeigt, zugleich aber auch den Druck verspürt, seine Promotion fertig stellen zu müssen. Er habe dabei nicht die Kraft gehabt, das Projekt aufzugeben. "Ich wollte mir eine Schwäche nicht eingestehen", hieß es laut Uni-Bericht in der Stellungnahme Guttenbergs.

Die Erwartungshaltung der Familie

Indirekt gab der CSU-Politiker auch seiner Familie eine Mitschuld, wobei aus dem Bericht nicht klar wird, welcher Teil seiner Familie gemeint ist: In der Familie habe es die Erwartungshaltung gegeben, dass er die bestehenden Anforderungen erfolgreich bewältigen würde, heißt es in dem Bericht. Ihm sei verdeutlicht worden, dass "eine begonnene Arbeit auch zu Ende zu bringen sei".

Der Vorsitzende der Kommission, Stephan Rixen, sagte bei der Vorlage des Abschlussberichts, der Hinweis auf die Mehrfachbelastung sei keine Entschuldigung für die Plagiate. "Wer jahrelang akzeptiert, dass er Sorgfaltsstandards nicht einhält, handelt nicht fahrlässig, sondern vorsätzlich, weil er die Sorgfaltswidrigkeit zum bewussten Arbeitsstil erhebt."

"Montagetechnik"

Rixen sagte, die Kommission sehe den Vorsatz auch dadurch belegt, dass Guttenberg eine regelrechte "Montagetechnik" angewandt habe, mit deren Hilfe er fremde Texte in seine Arbeit eingebaut habe. Solche Täuschungen durchzögen die Arbeit als "werkprägendes Bearbeitungsmuster". Guttenbergs Doktorvater Peter Häberle gab die Kommission keine Mitschuld. Häberle habe Guttenberg in einer womöglich altmodischen Weise vertraut. Zu Spekulationen, Guttenberg könnte sich seine Arbeit von einem Ghostwriter schreiben lassen haben, sagte Rixen: "Wir haben dazu nichts feststellen können."

Während CSU-Chef Horst Seehofer nach Guttenbergs Rücktritt angekündigt hatte, alles für dessen Rückkehr in die Politik zu tun, sieht der ehemalige CSU-Generalsekretär und frühere bayerische Wissenschaftsminister Thomas Goppel dafür kaum noch eine Chance. "Das ist im Prinzip vorbei", kommentierte Goppel im Deutschlandfunk die Chancen auf ein Comeback Guttenbergs, wobei er auf die inzwischen vorliegenden Erkenntnisse zu den Plagiatsvorwürfen verwies.

CSU ringt um eine Haltung zu Guttenberg

Die CSU ist in der Sache offenkundig gespalten. Neben Seehofer unterstützten Guttenberg noch weitere Parteimitglieder öffentlich: Der Vorsitzende des Bundestags-Wirtschaftsausschusses, Ernst Hinsken (CSU), sprach sich am Mittwoch unumwunden für eine Rückkehr des früheren Verteidigungsministers in die Politik aus. "Karl-Theodor zu Guttenberg war für die Politik eine große Bereicherung und wird das auch in Zukunft bleiben", sagte er der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" (Donnerstag-Ausgabe).

"Ich hoffe, dass er nach einer gewissen Auszeit wieder bereit ist, in die Politik einzusteigen. Guttenberg war einer derjenigen, der Visionen entwickeln konnte. Und er hat die Aufgaben, die er zu bewältigen hatte, bravourös gelöst." Hinsken fügte hinzu: "Was hier vorgefallen ist, sollte man nicht überbewerten. Die Bevölkerung teilt diese Auffassung." Ähnlich hatte sich zuvor der CSU-Rechtsexperte Norbert Geis geäußert.

(AFP/pst)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort