Koalitionsstreit in Berlin Guttenberg - der Anti-Merkel

Berlin (RP). Forsch, selbstbewusst und Offensivspieler: CSU-Star Karl-Theodor zu Guttenberg inszeniert sich als smarte Alternative zur Kanzlerin. Jetzt bremste Merkel ihren Minister aus. Gab es Rücktrittsgedanken?

Das ist Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
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Das ist Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg

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Guttenberg wippt gerne. Wenn der CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg eine Rede hält, hebt er seinen stets in adrettem Zwirn gekleideten Körper hoch und runter und unterstreicht so bedeutungsschwere Sätze. Böswillige interpretieren das so: Er, Guttenberg, sei eben immer in der Gefahr abzuheben.

So ganz falsch ist das nicht. Karl-Theodor zu Guttenberg, in nur zwei Jahren vom unbekannten CSU-Abgeordneten im Bundestag zum populärsten Minister im Kabinett Merkel emporgestiegen, will ganz nach oben. Kanzlerformat? Natürlich traue er sich das zu, heißt es in der CSU. Guttenbergs forsche, selbstbewusste Art, jener charismatische Polit-Pragmatismus wird von den Strategen rund um Guttenberg als wohltuendes Gegenmodell zur zögerlichen, selten empathischen Kanzlerin Merkel interpretiert. Hier der smarte Freiherr aus fränkischem Adelsgeschlecht, dort die spröde Physikerin aus der Uckermark. Das spricht doch für Guttenberg, hoffen CSUler, die in kleiner Runde schon an der Nach-Merkel-Zeit basteln.

Doch in den vergangenen Tagen bremste die Kanzlerin ihren Verteidigungsminister rüde aus. Sogar der Rücktritt Guttenbergs stand im Raum. Zunächst hatte Merkel mit Hilfe ihrer CDU-Minister den Vorschlag Guttenbergs, als Sparmaßnahme für das Verteidigungsressort die Wehrpflicht auszusetzen, durchfallen lassen. Nun geriet ein Dokument an die Öffentlichkeit, in dem das Kanzleramt offenbar ohne Wissen des Verteidigungsministeriums ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, in dem es um die Befragung Guttenbergs im Kundus-Untersuchungsausschuss geht.

In dem Gremium sollen die Vorfälle rund um den von einem Bundeswehr-Oberst befohlenen tödlichen Angriff auf zwei Tanklastzüge im afghanischen Kundus aufgeklärt werden. In dessen Folge hatte Guttenberg seinen Staatssekretär Peter Wichert und Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan wegen angeblich vorenthaltener Dokumente entlassen. Die beiden bestreiten die Darstellung. Die Opposition wünscht sich eine medienwirksame Gegenüberstellung der Kontrahenten im Ausschuss.

Ausgerechnet das Kanzleramt-Gutachten kommt zum Schluss, dass dies wohl nicht zu vermeiden wäre. Die Regierungszentrale betonte zwar gestern, man habe das Ressort rechtzeitig informiert. Guttenberg ist dennoch verärgert. Er soll Freunden gegenüber mit Rücktritt gedroht haben, was ein CSU-Sprecher dementierte. Das werde bewusst "gestreut", hieß es. Weil Guttenberg schon als Wirtschaftsminister bei der Opel-Rettung 2009 mit Rücktritt gedroht hatte, wolle man ihn als beleidigtes "Weichei", als Horst Köhler der CSU, desavouieren, heißt es bei Christsozialen. Der Politiker werde sich nicht aus dem Staub machen.

Doch allein die Debatte zeigt, wie angespannt das Verhältnis zwischen der Kanzlerin und ihrem Shooting-Star ist. Merkel weiß, was sie an dem 38-jährigen Volksliebling hat. Zwar kann Guttenberg bisher kaum eine substanzielle politische Initiative vorweisen, doch eine ähnliche Strahlkraft hat im Kabinett kaum einer. Und als sich die angeschlagene Koalition auf die Konsolidierung des Haushalts als oberste Priorität einigte, war es Guttenberg, der mit Verve und eigenen Vorschlägen in die Offensive ging. Mit der Wehrpflicht sei er zu schnell, zu weit vorgeprescht, sagen auch diejenigen, die zu seinen Unterstützern gehören. Aber wer am Ende vorne sein will, muss sich auf dem Weg dorthin auch mal eine blutige Nase holen. Das Ende ist für Guttenberg das Kanzleramt.

(RP)
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