Zurück auf der öffentlichen Bühne Guttenberg belehrt Europas Politiker

Halifax/Berlin · Über Monate war die einstige Lichtgestalt Karl-Theodor zu Guttenberg abgetaucht. An diesem Samstag stand er wieder im Scheinwerferlicht. Auf einer Konferenz im kanadischen Halifax zeigte sich der frühere Minister nicht nur in komplett neuem Look, sondern auch unerwartet angriffslustig.

Kanada also. Die prominent besuchte Sicherheitskonferenz in Halifax nutzte der ehemalige Verteidigungsminister für die Rückkehr auf die öffentliche Bühne. Bei seinem gut einstündigen Auftritt rund 5500 Kilometer entfernt von der Heimat sparte er nicht mit Kritik an den Politikern in Europa.

Acht Monate ist es her, dass der CSU-Star sein Ministeramt aufgeben musste. Die Universität Bayreuth befand, Guttenberg habe in seiner Dissertation vorsätzlich bei anderen abgeschrieben und hatte ihm schon im Februar seinen Doktorgrad aberkannt. Guttenberg zog sich zurück und dann in die USA, wo er sich in Connecticut niederließ. In den USA schloss er sich dem renommierten "Center for Strategic anf International Studies" an.

Kein Gel, keine Brille

In Halifax war Guttenberg am Freitagabend (Ortszeit) aus New York kommend gelandet. Einige Veränderungen fielen sofort ins Auge: Die Brille fehlte, auch das Gel im Haar, was seiner Frisur ein neues Aussehen verlieh.

Ein aus Somalia stammender Taxi-Fahrer in Halifax kannte sogar die Geschichte um den gefallenen Politikerstar. "Die Welt ist ein Dorf", sagte der Mann, der vor 14 Jahren nach Kanada gekommen war.

Scharfe Kritik an Europas Führern

Die Veranstalter des Halifax International Security Forum hatten Guttenberg als Teilnehmer eines Podiums geladen, in dem es um die Weltwirtschaft ging. Gut eine Stunde lange diskutierte der CSU-Mann in fließendem Englisch mit weiteren Experten über die Krisen in der Welt und Europa.

Dabei ging er auch mit Europas Politikern hart ins Gericht. Es gebe nicht nur eine Euro- und Schuldenkrise, sondern auch eine Krise des Verständnisses und der politischen Führung. Dennoch zeigte sich er überzeugt, dass Europa eine Zukunft hat. "Es wird überleben", sagte Guttenberg. Was es nur brauche, das seien wieder Visionen und langfristige Perspektiven für die Europa.

Von oben herab

Guttenberg schwebt wieder über den Dingen. Wie ein Altkanzler urteilt er über die Niederungen der Politik, die das Wohl der Menschen und das Glauben an ihre ursprünglichen Werte vergessen hat. Das hat er früher schon perfekt beherrscht, musste dabei aber immer wieder höchstselbst zurück in den Schützengraben. Kunduz-Affäre, Gorch-Fock-Affäre, die Personalführung seiner Spitzenleute bei der Bundeswehr.

Zudem spricht Guttenberg über die Rolle aufstrebender Länder wie China, Indien oder Brasilien, die Nato und nicht zuletzt die Bundeswehrreform, die Guttenberg begonnen, und die sein Nachfolger Thomas de Maizière - nach einigem Bauchgrummeln wegen der Arbeit seines Vorgängers - fortgesetzt hat. Die Occupy-Bewegung wertete Guttenberg als Signal für ein Funktionieren der Demokratie, aber auch als Warnsignal für die Politik.

Umarmung durch Mubarak

Angekündigt worden war Guttenberg als "distinguished statesman" seiner Denkfabrik, also als "angesehener Staatsmann". Beim folgenden Podiumsgespräch mit dem israelischen Verteidigungsminister Ehud Barak nahm Guttenberg in den hinteren Reihen Platz. Dort saß auch der kanadische Verteidigungsminister, der seinen Ex-Kollegen herzlich umarmte.

Auch in Deutschland ist der Ex-Minister, der am 5. Dezember 40 Jahre alt wird, noch nicht vergessen. Im Gegenteil: Die Gerüchte über ein mögliches Comeback haben Konjunktur.Auf dem jüngsten CSU-Parteitag gab es in seiner Abwesenheit Applaus, als Kanzlerin Angela Merkel Guttenbergs Rolle bei der Bundeswehr hervorhob. Die Guttenberg-Story soll zudem kommenden Jahr verfilmt werden.

In Kürze dürfte allerdings die Plagiatsaffäre noch einmal für Schlagzeilen sorgen. Die Staatsanwaltschaft Hof will die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Urheberrechtsverletzung in Kürze abschließen. Die Behörde prüft seit Monaten, ob sich Guttenberg mit Plagiaten in seiner Doktorarbeit strafbar gemacht hat.

(APD)
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