Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg Grüne blasen zum Sturm auf Stuttgart

Bruchsal (RPO). Die Landes-Grünen aus Baden-Württemberg zeigen sich vor den Wahlen im März selbstbewusst. Auf dem Parteitag in Bruchsal am Sonntag verabschiedeten die Delegierten das Programm für den Landtagswahlkampf mit großer Mehrheit. Spitzenkandidat Winfried Kretschmann gab die Richtung vor: "Wir sind bereit."

 Winfried Kretschmann könnte aktuellen Umfragen zufolge der erste grüne Ministerpräsident werden.

Winfried Kretschmann könnte aktuellen Umfragen zufolge der erste grüne Ministerpräsident werden.

Foto: dapd, dapd

Spitzenkandidat Winfried Kretschmann gab sich selbstbewusst: "Wir geben die Richtung an, wir haben die besseren Argumente." Bereits am Samstag hatte der Parteitag eine Resolution gegen das umstrittene Bahnprojekt "Stuttgart 21" beschlossen. CDU-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) erteilte daraufhin einer schwarz-grünen Koalition nach der Landtagswahl eine Absage.

In ihrem Wahlprogramm sprechen sich die Südwest-Grünen unter anderem für eine Schulreform nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens aus. Demnach soll es ein offenes Schulsystem geben, die Einführung einer Gemeinschaftsschule ist laut Programm nicht verpflichtend. Das rund 80-seitige Programm wurde bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung verabschiedet.

Mangels Finanzierbarkeit abgelehnt wurde der Vorschlag eines gebührenfreien letzten Kindergartenjahres. Die Grüne Jugend scheiterte mit dem Antrag, dem Ethikunterricht künftig einen Vorrang einzuräumen gegenüber dem Religionsunterricht.

Kretschmann attackiert CDU

Kretschmann, Faktionschef der Grünen im Landtag, warf der CDU vor, die großen Modernisierungsaufgaben der vergangenen Jahre verschlafen oder bekämpft zu haben. Als Beispiele nannte er die Themen Einwanderung, Integration, Bildungs-, Gleichstellungs- oder Energiepolitik. "Und wenn sie was machen", sagte Kretschmann weiter, "dann ist es immer zehn Jahre zu spät".

Kretschmann beharrte außerdem auf seiner Position, nach der baden-württembergischen Landtagswahl im März gegebenenfalls auch Verhandlungen mit der Linkspartei zu führen. "Es gibt keine Ausschließeritis", sagte Kretschmann und bekam dafür Beifall der rund 200 Delegierten. Ein anderes Verhalten sei in einem Fünf-Parteien-Parlament gar nicht möglich. Er sei jederzeit gesprächsfähig, auch mit Ministerpräsident Mappus, sagte Kretschmann.

Fritz Kuhn, früher Bundesvorsitzender und Fraktionschef im Bundestag, forderte die Grünen zu einem "konstruktiven Wahlkampf" auf. Gerade in Baden-Württemberg habe die Partei nach 30 Jahren in der Opposition "das Zeug zu regieren".

Einstimmig gegen "Stuttgart 21"

Einstimmig bei einer Enthaltung verabschiedeten die rund 200 Delegierten eine Resolution gegen das Bahnprojekt "Stuttgart 21", in der unter anderen ein Bau- und Vergabestopp bis zum Ende des sogenannten Stresstests verlangt wird. Außerdem will sich der Landesverband für die Weiterentwicklung des bisherigen Kopfbahnhofs einsetzen.

Grünen-Bundeschef Cem Özdemir sagte, seine Partei werde den Schlichterspruch zum Milliardenprojekt "Stuttgart 21" akzeptieren. Dieser sei nur auf den ersten Blick enttäuschend gewesen. Er schränkte aber gleichzeitig ein: "Ohne dass alle Auflagen aus der Schlichtung erfüllt werden, wird es von uns kein Ja zu dem Projekt geben." Die Grünen gehen davon aus, dass in Stuttgart zwei Gleise zusätzlich gebaut werden müssen. Damit wären ein neues Planfeststellungsverfahren und eine Aufstockung des Finanzierungsrahmens notwendig.

CDU-Generalsekretär Thomas Strobl sagte, die Resolution der Grünen offenbare, "dass sie verantwortungslos und unzuverlässig sind". Weil ihnen der Schlichterspruch nicht gefalle, würden sie stur auf ihren Maximalforderungen beharren.

Mappus sagte: "Die Grünen sind Populisten und fallen gerade zurück in ihre Vergangenheit als Protestpartei." Mit dieser Partei könne man Baden-Württemberg nicht regieren.

(apd/pst)
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