Zeremonie am Nachmittag Politiker würdigen Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan mit Zapfenstreich

Berlin · In Berlin werden Soldatinnen und Soldaten für ihren Dienst am Hindukusch gewürdigt. Erst die nächste Bundesregierung wird aus den Ereignissen dort Schlüsse ziehen können. Auch Grünen-Chef Robert Habeck rief zu mehr Anerkennung auf.

 Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) kommen zu einem Abschlussappell zum Ende des Afghanistan-Einsatzes im Verteidigungsministerium.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) kommen zu einem Abschlussappell zum Ende des Afghanistan-Einsatzes im Verteidigungsministerium.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Mit einem großen Gedenkakt würdigt die Berliner Politik am Mittwoch den nach 20 Jahre abgeschlossenen Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan. Dabei soll auch der 59 Männer gedacht werden, die dort getötet wurden oder starben. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) werden den Einsatz würdigen.

Auf den Abzug von Nato-Kräften war Ende August die Machtübernahme durch die militant-islamistischen Taliban gefolgt. „Ich bin der festen Überzeugung, dass die Bundeswehr auf ihren Einsatz in Afghanistan stolz sein kann“, hatte das Verteidigungsministerium am Dienstag Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) zitiert. „Alle Aufträge, die das Parlament gegeben hat, wurden erfüllt. Trotzdem geht es auch darum, Bilanz zu ziehen - offen und ehrlich.“

Kritik an der Bundesregierung kam von der FDP. „Nicht die Soldatinnen und Soldatinnen haben das Afghanistan-Engagement scheitern lassen, sondern die Bundesregierung, die nicht in der Lage und Willens war, ihre gesteckten Ziele zu evaluieren und anzupassen“, sagte die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. „Die Aufgabe der Bundeswehr ist vergleichbar mit einem Anästhesisten während einer Operation. Er kann den Patienten lediglich eine Weile ruhig stellen“, sagte Strack-Zimmermann. „In dieser Zeit muss der Chirurg, also die Politik ans Werk gehen. Macht sie das nicht, hilft auch die beste Anästhesie nicht. Der Patient wacht auf und ist immer noch nicht gerettet.“

Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, bekräftigte ihre Forderung nach einer weiteren Aufarbeitung des Einsatzes. Eine Enquete-Kommission im Bundestag wäre hierfür ein guter Rahmen, sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). „Nach Afghanistan kann es kein Weiter-so geben. Wir müssen intensiver über die Einsätze der Bundeswehr im Ausland diskutieren. Die Soldatinnen und Soldaten brauchen klare Vorgaben und realistische Ziele.“

Grünen-Chef Robert Habeck hat vor dem Großen Zapfenstreich mehr Anerkennung für Soldatinnen und Soldaten gefordert. „Heute zollen wir den mehr als 93.000 in Afghanistan eingesetzten Soldatinnen und Soldaten Respekt und Anerkennung. Vor allem gedenken wir der 59 verstorbenen Soldatinnen und Soldaten. 20 Jahre dauerte der Einsatz und fand unter schwersten physischen und psychischen Bedingungen statt. 20 Jahre, in denen wir als Gesellschaft oft gar nicht mehr hingeschaut haben“, sagte Habeck unserer Redaktion. „Allzu oft verkennen wir die körperlichen und seelischen Verletzungen und Narben, die die Soldatinnen und Soldaten durch ihren Einsatz im Kriegsgebiet davontragen. Ihr Schmerz und ihr Leid werden viel zu leicht aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt. Das sollten wir uns gerade heute beim Großen Zapfenstreich bewusst machen."

Habeck rief außerdem zu einer Aufarbeitung des Afghanistan-Einsatzes auf: „Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Und daher ist es nun an uns Politikerinnen und Politikern, gemeinsam mit Expertinnen und Experten, den Afghanistan-Einsatz und auch den Abzug aufzuarbeiten und aus den strukturellen und strategischen Fehlern der Vergangenheit zu lernen“, sagte der Grünen-Politiker. „Das sind wir denjenigen schuldig, die ihr Leben in den Dienst unseres Landes stellen. Sie müssen wir auch in Zukunft bestmöglich bei ihrer Arbeit unterstützen und ihr Leben schützen. Dies gilt insbesondere für bestehende und zukünftige Auslandseinsätze der Bundeswehr“, so Habeck.

Auftakt des Gedenkens ist am frühen Nachmittag eine Kranzniederlegung am Ehrenmal der Bundeswehr. Auf dem Paradeplatz des Verteidigungsministeriums wird es dann einen zentralen Abschlussappell geben, zu dem Bundespräsident und Kanzlerin erwartet werden. Am Abend soll der Einsatz auf dem Platz der Republik vor dem Reichstagsgebäude mit einem Großen Zapfenstreich gewürdigt werden.

Die Bundeswehr hatte ihren Einsatz - zuletzt als Teil der Nato-Ausbildungsmission „Resolute Support“ - am 29. Juni beendet und das Feldlager in Masar-i-Scharif geräumt. Es folgte ein schneller Sieg der Taliban und eine militärische Evakuierungsmission („Luftbrücke“) für deutsche Staatsbürger und gefährdete Afghanen aus der Hauptstadt Kabul.

(jd/zim/dpa)
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