Kommentar zur Landtagswahl in Thüringen Schwindsucht bei CDU und SPD

Meinung | Berlin · Das schlechte Abschneiden bei der Landtagswahl in Thüringen bringt Union und SPD weiter in Bedrängnis. Die Koalition wirkt abgewirtschaftet und voller gegenseitiger Missgunst. Fraglich, wie lange das noch gutgehen soll.

 Betretene Gesichter bei der CDU nach der Wahl in Thüringen: Landeschef Mike Mohring und die Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer

Betretene Gesichter bei der CDU nach der Wahl in Thüringen: Landeschef Mike Mohring und die Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Die Bezeichnung große Koalition beschreibt das Bündnis aus Union und SPD nicht mehr zutreffend. Da sind vielmehr Parteien mit Schwindsucht im Bunde. Der Wahlausgang in Thüringen hat einmal mehr gezeigt, dass Union und SPD die politischen Kräfte der Mitte nicht mehr binden können.

Thüringen hat gerade einmal 2,2 Millionen Einwohner. Thüringen ist nicht die Republik. Dennoch ist der Donnerhall dieser Wahl auch im Regierungsviertel vernehmbar. Denn für die schlechten Ergebnisse von CDU und SPD sind die Bundesparteien mitverantwortlich. Die SPD hat ihre kopflose Parteiführung und die permanente Selbstbeschäftigung nach unten gezogen. Bei der CDU machten sich die schlechte Performance von Parteichefin Kramp-Karrenbauer und die mit Sticheleien geführte Debatte um ihre Führungsqualitäten bemerkbar. Zugleich ist spürbar, dass Kanzlerin Merkel nichts mehr dafür tut, ihre Parteifreunde von ihrem Kanzlerbonus profitieren zu lassen. So standen die Thüringer CDU und SPD bei der Wahl im Regen.

In der Außenpolitik ist es Deutschland bisher immer gelungen mit einer Stimme zu sprechen. Differenzen wurden im Vorfeld ausgeräumt: Rot-Grün seinerzeit zu Krieg und Frieden, Merkel und Schäuble zur Eurorettung. Nun schüttelt die Welt den Kopf über eine Verteidigungsministerin die in der eigenen Regierung unabgestimmt eine Schutzzone fordert und einen Außenminister, der diesen Vorschlag ausgerechnet beim schwierigen Partner Türkei öffentlich torpediert. Ein unwürdiges Schauspiel. Mit einem solchen Image nach außen sollte Deutschland 2020 nicht ins Jahr der EU-Ratspräsidentschaft starten.

Die Ergebnisse der Thüringenwahl können auch nicht ohne Folgen für die Regierung und ihre Halbzeitbilanz sein. Ja, Gesetze haben Union und SPD viele zu Wege gebracht – auch solche, für die man die Regierung loben kann, wie zum Beispiel das Fachkräftezuwanderungsgesetz. Dennoch wirkt diese Regierung nach außen abgewirtschaftet und voller gegenseitiger Missgunst. Die einzigen Minister, die öffentlich wirklich punkten können, sind für die SPD Franziska Giffey und für die CDU Jens Spahn.

Neben der Fähigkeit, Kompromisse zu schmieden, gehört es übrigens immer zu den Geheimnissen einer gut funktionierenden Regierung, dass man sich gegenseitig Erfolge gönnt. Das ist bei Union und SPD nicht mehr der Fall. Im Gegenteil: Man macht sich gegenseitig nur noch schlecht. Beim Bürger muss also ein entsprechender Eindruck hängen bleiben.

Der Union droht nun, was die SPD seit Jahren durchmacht: Fortgesetzte Debatten über die Parteiführung, Machtkämpfe, stetig fortschreitender Ansehensverlust in der Öffentlichkeit. Die CDU sollte gewarnt sein.

(qua)
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