Große Koalition einigt sich Durchbruch bei der Grundrente

Berlin · Nach monatelangem Streit haben sich die Koalitionsspitzen auf das Konzept einer Grundrente geeinigt. Geprüft wird bei Empfängern nicht die Bedürftigkeit – wohl aber das Einkommen.

 Annegret Kramp-Karrenbauer, Malu Dreyer und Markus Söder stellten die Einigung vor.

Annegret Kramp-Karrenbauer, Malu Dreyer und Markus Söder stellten die Einigung vor.

Foto: dpa/Soeren Stache

Bis zu 1,5 Millionen Menschen sollen ab 2021 von der Grundrente profitieren. Nach monatelangem Streit haben Union und SPD am Sonntagnachmittag einen Kompromiss gefunden. Statt der ursprünglich im Koalitionsvertrag vorgesehenen Bedürftigkeitsprüfung soll nun nur eine Einkommensprüfung stattfinden. „Dabei gilt ein Einkommensfreibetrag in Höhe von 1250 Euro für Alleinstehende und 1950 Euro für Paare“, heißt es im Beschlusspapier des Koalitionsausschusses.

Wer also ein Alterseinkommen bezieht, das unter dieser Grenze liegt, und zudem 35 Beitragsjahre geleistet hat, der wird die Grundrente bekommen. Deren Höhe hängt von den gezahlten Beiträgen ab. Die Kosten werden zwischen einer und 1,5 Milliarden Euro pro Jahr liegen. Genauer konnten es die Verhandler noch nicht beziffern.

Die Spitzen der Koalition zeigten sich nach fast siebenstündigen Verhandlungen im Kanzleramt erleichtert. „Der Knoten ist durchschlagen“, sagte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und sprach von einer „guten Lösung“. Die kommissarische SPD-Chefin Malu Dreyer nannte die Einigung einen „sozialpolitischen Meilenstein“. CSU-Chef Markus Söder sagte: „Es gibt keinen Grund mehr, über den Fortbestand der Koalition zu diskutieren.“

Der Streit um die Grundrente hatte sich in den vergangenen Wochen zur Existenzfrage der Regierung zugespitzt. Allerdings müssen nun noch die Parteigremien dem Kompromiss und vor allem die Fraktionen dem noch nicht fertigen Gesetzentwurf zustimmen.

Am Sonntag hatten sich die Koalitionsspitzen um 10 Uhr im Kanzleramt getroffen. Kurz vor der entscheidenden Runde kam es abermals zum Schlagabtausch um die Bedürftigkeitsprüfung. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte: „Die Hubertus-Heil-Konfettikanone, mit der er einfach Geld verteilen will, wird nicht abgefeuert.“ Für den Wirtschaftsflügel der Union beharrte Carsten Linnemann auf einer Bedürftigkeitsprüfung. Während der „harten Verhandlungen“ sei die Atmosphäre „sachlich“ und „gut“ gewesen, versicherten Teilnehmer. 

Kramp-Karrenbauer verwies darauf, dass der Koalitionsausschuss auch ein „Signal für wirtschaftliche Dynamik“ setzen wolle. Als Reaktion auf die sich eintrübende Konjunktur verständigten sich die Spitzen von Union und SPD auf Impulse für Unternehmen und Arbeitnehmer. So soll der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung um 0,2 Prozentpunkte auf 2,4 Prozent  gesenkt werden  – befristet bis Ende 2022. In Zukunftstechnologien sollen über einen Fonds der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zehn Milliarden Euro investiert werden.

Auch ein Herzensthema der Union wird angegangen: Wer auf eine Betriebsrente oder auf betriebliche Altersversorgung spart, soll Erleichterungen bei der sogenannten Doppelverbeitragung bekommen – die auf die Altersversorgung fälligen Krankenversicherungsbeiträge sollen sinken. Arbeitnehmer mit einem Einkommen von bis zu 2200 Euro brutto sollen für die betriebliche Altersvorsorge höhere Freibeträge bekommen.

Mit der Einigung auf die Grundrente beendet die Koalition einen Streit, der seit mehr als einem Jahrzehnt schwelte. Bereits die schwarz-gelbe Bundesregierung unter Angela Merkel (2009 bis 2013) hatte mit der sogenannten Lebensleistungsrente ein ähnliches Konzept im Koalitionsvertrag verankert, konnte sich aber nicht auf die Umsetzung einigen.

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