Groko-Verhandlungen Union und SPD einigen sich beim Familiennachzug

Berlin · Union und SPD haben eine Einigung beim Familiennachzug von Flüchtlingen erzielt. Bis zum 31. Juli soll der Nachzug ausgesetzt bleiben, anschließend soll er auf 1000 Menschen pro Monat begrenzt werden, ergänzt um eine bereits bestehende Härtefallregelung.

 Flüchtlinge in Friedland (Symbolfoto).

Flüchtlinge in Friedland (Symbolfoto).

Foto: dpa, bom fdt Ken jai

Damit ist der Weg frei für die Verabschiedung eines Gesetzentwurfs am Donnerstag im Bundestag. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die mit der SPD vereinbarte Einigung zum umstrittenen Familiennachzug von Flüchtlingen als gelungen bezeichnet. Sie nannte den Kompromiss in einer Sitzung der Unionsfraktion am Dienstag in Berlin nach Angaben aus Teilnehmerkreisen eine "gute Nachricht".

Einigung für Stegner ein Zwischenschritt

SPD-Vize Ralf Stegner sieht die Einigung zunächst als Zwischenschritt. "Die SPD hat mit der Union eine erste Einigung beim Familiennachzug erzielt", sagte Stegner. Zunächst sei ein Wiedereinstieg beim Familiennachzug für Menschen mit subsidiärem Schutzstatus vereinbart. "Was die Neuregelung ab 1. August betrifft, so ist diese Gegenstand der noch laufenden Koalitionsverhandlungen." Wie genau die künftige Begrenzung auf 1000 Menschen im Monat geregelt und ausgestaltet werde, sei Sache der weiteren Verhandlungen mit der Union in den nächsten Tagen.

"Familiennachzug ist für alle Familien wichtig und richtig - unabhängig von dem in Deutschland erhaltenen Schutzstatus", erklärte Vize-Fraktionschefin Eva Högl. "Die SPD hat sichergestellt, dass ab 1. August 2018 der Familiennachzug auch für Familien von subsidiär Geschützen dann endlich wieder möglich ist."

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Einigung als "klugen und ausgewogenen Kompromiss" begrüßt. Union und SPD würden hiermit "einer humanitären Verantwortung für Familien in Not gerecht", erklärte de Maizière. Zugleich werde eine "für unsere Gesellschaft berechenbare Kontingentlösung" von tausend Menschen pro Monat geschaffen."Die Kontingentlösung bietet die notwendige Gewähr dafür, dass unsere Integrationsfähigkeit nicht überfordert wird", betonte de Maizière.

Kritik kommt von Juso-Chef Kevin Kühnert

Juso-Chef Kevin Kühnert hat die Einigung dagegen scharf kritisiert. "Die SPD geht beim Familiennachzug in Vorleistung und bekommt von der Union dafür ungedeckte Schecks", sagte Kühnert dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwochsausgaben). Es sei "vollkommen unklar, ob eine ergänzende Härtefallregelung, die mehr als 1000 Menschen pro Monat den Familiennachzug ermöglichen soll, wirklich kommt und wie diese Regelung aussehen würde". Die Formel "1000plus", mit der die SPD jetzt werbe, sei auf Grundlage der veröffentlichten Informationen "leider nicht mehr als eine vage Hoffnung", fügte Kühnert hinzu.

Eine allgemein formulierte Klausel für Härtefälle gab es bisher zwar schon; im Sondierungspapier hatten beide Seiten aber offen gelassen, ob sie weiterhin für den Familiennachzug bei Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus gelten soll. Die genauen Details für diese dauerhafte Neuregelung sollen in den kommenden Monaten noch erarbeitet werden.

Mit diesem Kompromiss, der zuletzt unter anderem zwischen den Fraktionsspitzen vereinbart worden war, haben Union und SPD ein zentrales Streitthema ihrer Koalitionsverhandlungen abgeräumt. Dies geschah unter Zeitdruck, weil die aktuelle Regelung für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus - sogenannte subsidiär Schutzberechtigte - Mitte März ausläuft. Dass der Familiennachzug nun bis Ende Juli weiter ausgesetzt bleibt, soll jetzt rasch im Bundestag beschlossen werden.

SPD hatte Frist gesetzt

Bereits in ihren Sondierungsgesprächen hatten Union und SPD vereinbart, den Familiennachzug anschließend auf 1000 Menschen pro Monat zu begrenzen. Die SPD hatte angekündigt, bei den Koalitionsverhandlungen eine weitergehende Härtefallregelung erreichen zu wollen.

Nun soll jedenfalls die im Aufenthaltsgesetz vorgesehene Härtefallregelung weiterhin greifen. Bislang profitierten davon allerdings nur wenige Menschen aus der betroffenen Gruppe: 2017 wurde nur einigen Dutzend subsidiär Geschützten auf dieser Basis der Familiennachzug erlaubt.

Mit der Einigung haben CDU, CSU und SPD einen Streit noch vor Ablauf einer von der SPD gesetzten Frist gelöst. Die Sozialdemokraten hatten bis zum Dienstagabend Klarheit über eine dauerhafte Regelung verlangt - und zwar ausdrücklich, bevor sie der Übergangslösung im Bundestag zustimmen wollten. Fraktionschefin Andrea Nahles hatte am Montag erklärt, bis zur Sitzung des Bundestags-Hauptausschusses am Dienstagabend, der die Plenarsitzung am Donnerstag vorbereitet, müsse eine Einigung über die Grundzüge einer dauerhaften Regelung stehen.

Union und SPD wollen ihre Koalitionsverhandlungen möglichst schon am kommenden Wochenende abschließen - sollte dies nicht gelingen, sind zwei Tage Puffer eingeplant.

(das/dpa/AFP)
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