Schwarz-rote Sondierung beginnen Alte Bekannte - neuer Stil

Berlin · Union und SPD beginnen am Vormittag ihre Sondierungsgespräche. Bis Freitag wollen Merkel, Seehofer und Schulz ein Ergebnis vorlegen. Aus den gescheiterten Jamaika-Verhandlungen haben die Partei-Vorsitzenden gelernt.

 Angela Merkel mit Martin Schulz (r.) und Horst Seehofer (Archiv).

Angela Merkel mit Martin Schulz (r.) und Horst Seehofer (Archiv).

Foto: dpa, bvj wok kno

Im Stil, im Umgang und in der Öffentlichkeitsarbeit sollen sich die schwarz-roten Verhandlungen deutlich von den gescheiterten Jamaika-Sondierungen unterscheiden. Die Partei- und Fraktionsvorsitzenden von CDU, CSU und SPD haben die Unterhändler aufgefordert, keine Debatten über Twitter zu führen oder über diesen Kanal aus den Verhandlungen zu berichten. Ferner sollen nicht alle Generalsekretäre gleichzeitig Zwischenberichte abgeben. Stattdessen wird jeweils der Gastgeber - abwechselnd CDU, CSU und SPD - einen eigenen Vertreter benennen, der die Medien im Namen aller Beteiligten informiert. Das soll zu mehr Verbindlichkeit und besseren Absprachen und damit weniger Verwirrung und Streit in der Öffentlichkeit führen.

Die große Gruppe der 39 Unterhändler soll nur zum Auftakt und dann zu wichtigen Entscheidungen zusammengerufen werden. Ansonsten sollen 15 Untergruppen über einzelne Themen verhandeln. Die Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD) machen den Komplex Europa zur Chefsache. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron wartet seit Monaten auf eine Positionierung Deutschlands zu seinen Reformvorschlägen, die unter anderem einen eigenen Wirtschafts- und Finanzminister der Eurozone vorsieht.

Ferner werden die Parteichefs mit den Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder (CDU), Alexander Dobrindt (CSU) und Andrea Nahles (SPD) das Thema "Arbeitsweise der Koalition" besetzen. Kanzleramtsminister Peter Altmaier übernimmt diesmal für die Christdemokraten federführend das Thema Finanzen. Bei den Jamaika-Gesprächen hatte das Finanzstaatssekretär Jens Spahn (CDU) gemacht. Dessen enger Austausch mit FDP-Chef Christian Lindner, der die schwarz-gelb-grünen Verhandlungen im November platzen ließ, wird in der Union inzwischen immer kritischer gesehen.

 Die Sondierer der CDU - klicken Sie auf das Bild für die komplette Ansicht: Angela Merkel (l) mit obere Reihe l-r: Reiner Haseloff, Thomas Strobl, Peter Altmaier, Julia Klöckner, Volker Kauder, Helge Braun. untere Reihe l-r: Michael Grosse-Brömer, Annegret Kramp-Karrenbauer, Volker Bouffier, Jens Spahn, Armin Laschet, Ursula von der Leyen.

Die Sondierer der CDU - klicken Sie auf das Bild für die komplette Ansicht: Angela Merkel (l) mit obere Reihe l-r: Reiner Haseloff, Thomas Strobl, Peter Altmaier, Julia Klöckner, Volker Kauder, Helge Braun. untere Reihe l-r: Michael Grosse-Brömer, Annegret Kramp-Karrenbauer, Volker Bouffier, Jens Spahn, Armin Laschet, Ursula von der Leyen.

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Der 37 Jahre alte Spahn gilt als einer der größten parteiinternen Widersacher Merkels. In dem Papier zu den Sondierungsgruppen, das unserer Redaktion vorliegt, steht er hinter Altmaier in Klammern. Das bedeutet, dass Altmaier, der nach dem Wechsel von Finanzminister Wolfgang Schäuble in das Amt des Bundestagspräsidenten das Ressort zusätzlich übernahm, bei dem Thema jetzt den Hut aufbehält. Die CSU schickt Bayerns designierten Ministerpräsidenten Markus Söder und die SPD Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz in die Finanzgruppe.

 Die Sondierer der CSU - klicken Sie auf das Bild für die komplette Ansicht: Parteichef Horst Seehofer (l) mit obere Reihe l-r: Markus Söder, Christian Schmidt, Thomas Kreuzer, Barbara Stamm, Andreas Scheuer, Kurt Gribl. Untere Reihe l-r: Manfred Weber, Joachim Herrmann, Alexander Dobrindt, Angelika Niebler, Gerd Müller, Stefan Müller.

Die Sondierer der CSU - klicken Sie auf das Bild für die komplette Ansicht: Parteichef Horst Seehofer (l) mit obere Reihe l-r: Markus Söder, Christian Schmidt, Thomas Kreuzer, Barbara Stamm, Andreas Scheuer, Kurt Gribl. Untere Reihe l-r: Manfred Weber, Joachim Herrmann, Alexander Dobrindt, Angelika Niebler, Gerd Müller, Stefan Müller.

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Bouffier übernimmt das Thema Migration und hat es dort mit SPD-Vize Ralf Stegner zu tun. Auffallend ist der zweifache Einsatz von Merkels Staatsminister für Bürokratieabbau Helge Braun bei Bildung sowie Arbeitsmarkt und Digitalisierung - in beiden Gruppen ist auch der neue parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller. Ebenfalls in Doppelfunktion tauchen Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD, Bildung und Familie) und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil (Bürgerbeteiligung und Außenpolitik/Verteidigung) auf. Oft sind Politiker mit wichtiger Funktion während Koalitionsverhandlungen Anwärter auf höhere Posten, wenn eine Regierung zustande gekommen ist. Auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat zwei Arbeitsgruppen.

 Die Sondierer der SPD - klicken Sie auf das Bild für die komplette Ansicht: Parteichef Martin Schulz (l) mit obere Reihe l-r: Manuela Schwesig, Olaf Scholz, Malu Dreyer, Stephan Weil, Lars Klingbeil, Anke Rehlinger. Untere Reihe l-r: Ralf Stegner, Natascha Kohnen, Thorsten Schäfer-Gümbel, Andrea Nahles, Carsten Schneider, Michael Groschek.

Die Sondierer der SPD - klicken Sie auf das Bild für die komplette Ansicht: Parteichef Martin Schulz (l) mit obere Reihe l-r: Manuela Schwesig, Olaf Scholz, Malu Dreyer, Stephan Weil, Lars Klingbeil, Anke Rehlinger. Untere Reihe l-r: Ralf Stegner, Natascha Kohnen, Thorsten Schäfer-Gümbel, Andrea Nahles, Carsten Schneider, Michael Groschek.

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Die Deutschen haben aber einer Umfrage zufolge große Vorbehalte gegen eine mögliche Neuauflage der großen Koalition: 52 Prozent fänden ein solches Bündnis weniger gut oder schlecht, ergab der aktuelle ARD-"Deutschlandtrend". SPD-Anhänger sind ähnlich gespalten: 50 Prozent halten eine Koalition aus Union und SPD für sehr gut oder gut, 49 Prozent für weniger gut oder schlecht. 53 Prozent aller Befragten fänden es sehr gut beziehungsweise gut, wenn Merkel Kanzlerin bliebe, 45 Prozent weniger gut bis schlecht. Bouffier sagt dazu: "Wenn nach zwölf Jahren immer noch mehr als 50 Prozent der Bevölkerung sagen, dass das die richtige Kanzlerin ist, muss man sich nicht grämen."

(brö, kd)
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