Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Göring-Eckardt kritisiert Platzecks Stasi-Strategie

Berlin (RPO). Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Katrin Göring-Eckardt, hat den Umgang des brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) mit den jüngsten Stasi-Enthüllungen bei der Linkspartei kritisiert. Die Fraktionsvorsitzende der Brandenburger Linksfraktion, Kerstin Kaiser, forderte unterdessen den Landtagsabgeordneten Gerd-Rüdiger Hoffmann auf, sein Mandat niederzulegen.

Matthias Platzeck herzt die Linke
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Platzeck rede zwar von Versöhnung, meine aber eigentlich, dass die Debatte endlich ein Ende finden solle, sagte die Grünen-Politikerin Göring-Eckardt am Samstag im Deutschlandradio Kultur.Als Ministerpräsident "Versöhnung von oben" anzuordnen, funktioniere nicht. Zur Versöhnung gehörten vielmehr die Bereitschaft zum wirklichen Dialog und ein aktives Schuldeingeständnis, das nicht erst dann komme, wenn man es nicht mehr verheimlichen könne, sagte Göring-Eckardt.

Neuwahlen behindern Aufklärung

Forderungen von DDR-Opferverbänden nach Neuwahlen in Brandenburg widersprach Göring-Eckardt. Es gehe jetzt darum, dass Dialog und Aufklärung stattfänden: "Das würde man ja eher behindern, wenn man sagt, wir machen jetzt erstmal wieder Neuwahlen, und dann haben wir das Thema schon wieder vergessen."

Platzeck hatte am Freitag angesichts mehrerer Stasi-Fälle in der Linksfraktion einen misslungenen Start der rot-roten Koalition in dem Bundesland eingeräumt. Es gebe eine Krise der politisch-moralischen Integrität einzelner Abgeordneter, die mit dem Verschweigen ihrer Stasi-Verstrickung dramatisch versagt hätten und die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit behinderten.

Kaiser fordert Rückzug von Hoffmann

Die Fraktionsvorsitzende der Brandenburger Linksfraktion, Kerstin Kaiser, forderte den Landtagsabgeordneten Gerd-Rüdiger Hoffmann auf, sein Mandat niederzulegen. "Ich erwarte von ihm die Konsequenz, das Mandat zurückzugeben", sagte Kaiser am Samstag im RBB. Nach Stasi-Vorwürfen war Hoffmann am Freitag zwar aus der Fraktion ausgetreten, will aber Abgeordneter bleiben. Den Sitz im Landtag habe Hoffmann für die Linkspartei errungen, sagte Kaiser. "Er hat Vertrauen von Wählerinnen und Wählern enttäuscht, denen er vor der Wahl nicht klar über sein Leben und seine politische Verantwortung Auskunft gegeben hat. Aber er hat von ihnen Vertrauen entgegen genommen."

Der letzte DDR-Außenminister und Mitbegründer der Ost-SPD, Markus Meckel, ist von der Stasi-Affäre der Linkspartei in Brandenburg wenig überrascht. "Es war immer bekannt, dass in der früheren PDS solche Menschen zuhauf vertreten sind - nicht nur in Brandenburg, sondern überall im Osten", sagte der SPD-Politiker in einem am Samstag vorab veröffentlichten Interview mit der Zeitschrift "Super Illu". Weil sich die Partei "niemals ernsthaft mit dem Stasi-Unrecht auseinandergesetzt hat", sondern solchen Leuten auch noch bewusst eine neue politische Heimat geboten habe, habe sich nie die Spreu vom Weizen getrennt, sagte Meckel.

Der SPD-Politiker fügte hinzu, der Brandenburger Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) habe bei der Koalitionsbildung mit der Linkspartei "wohl eher nicht" geahnt, dass schon wenige Wochen danach eine solche Stasi-Affäre auf ihn zukomme. "Aber er dürfte sich inzwischen schon ausgiebig darüber geärgert haben, auf was er sich da eingelassen hat", sagte Meckel. "Die ideologische Überhöhung der Koalition als Versöhnungsprojekt" sei ein Fehler gewesen, der sich jetzt räche.

(AFP/felt)
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