Reaktionen zum Fall Ofarim „Irgendetwas muss dort passiert sein“

Leipzig · Trug Sänger Gil Ofarim einen Davidstern bei dem Vorfall im Leipziger Hotel Westin oder nicht? Während der Sänger dies weiterhin beteuert, äußert sich auch das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ dazu – und verteidigt seine Reaktion.

 Das „Westin Hotel“ Leipzig am Tag nach dem Vorfall: Demonstranten zeigen Flagge.

Das „Westin Hotel“ Leipzig am Tag nach dem Vorfall: Demonstranten zeigen Flagge.

Foto: dpa/Dirk Knofe

Gut zwei Wochen nach dem aufsehenerregenden Instagram-Video von Gil Ofarim, der darin schwere Antisemitismus-Vorwürfe gegen Leipziger Hotelmitarbeiter erhoben hatte, dreht sich die Debatte in eine andere Richtung. Nachdem Auszüge der Überwachungsvideos Zweifel an den Schilderungen des Sängers weckten, wird bereits von einem „Bärendienst“  im Kampf gegen Antisemitismus, Hetze, Hass gesprochen – sollte sich seine Darstellung als Lüge erweisen. Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“, das am Tag nach dem Vorfall eine Demonstration vor dem Westin Hotel organisiert hatte, verteidigt diese Aktion nicht nur, sondern erklärt auch, wieso sie es wieder so machen würden.

„Wir bleiben dabei: Es war vollkommen richtig, einem Opfer erst einmal zu glauben und als Zivilgesellschaft zu reagieren“, sagt Irena Rudolph-Kokot von dem Leipziger Bündnis auf Anfrage. „Der Antisemitismus-Vorwurf stand so stark im Raum, dass unsere Reaktion auch im Nachhinein betrachtet die richtige war.“ Hunderte Menschen waren dem Aufruf von „Leipzig nimmt Platz“ gefolgt und hatten sich mit Plakaten und Israel-Flaggen vor dem Westin Hotel versammelt, um Solidarität mit Ofarim und Jüdinnen und Juden in Deutschland zu zeigen.

Ob auf den Auszügen der Überwachungssvideos nun ein Davidstern zu sehen sei oder nicht – „irgendetwas muss dort passiert sein, davon sind wir überzeugt“, sagt Rudolph-Kokot. „Was genau, das wird man vielleicht nie erfahren, das müssen die Strafverfolgungsbehörden jetzt ermitteln.“ Niemand drehe ein so emotionales Video einfach so, ohne Anlass. Es sei auch nach wie vor verstörend, wie lange das Hotel gebraucht habe, überhaupt auf die Vorwürfe zu reagieren, „dass es sich so lange gar nicht entschuldigt oder positioniert hat“. Auch auf das Angebot, auf der vom Bündnis organisierten Demonstration zu sprechen, sei das Hotel nicht eingegangen, kritisiert Rudolph-Kokot.

Das Netzwerk hat Gil Ofarim nach eigenen Angaben kurz nach dem Vorfall Anfang des Monats ebenfalls kontaktiert. Der habe sich über sein Management aber zunächst entschuldigen lassen und um Ruhe gebeten. Ob es einen neuen Versuch zur Kontaktaufnahme gebe, sei zu klären – es sei aber auch nicht Aufgabe des Bündnisses, Ermittlungen anzustellen. Es gehe vielmehr darum, gerade in Sachsen Vorwürfe uneingeschränkt ernst zu nehmen, wenn sie im Raum stünden. Rudolph-Kokot spricht von einer besonderen Verantwortung auch in der Pegida-Hochburg Leipzig: „Wir werden weiter Gesicht zeigen – nicht gegen irgendjemanden, sondern in Solidarität mit den Opfern und für eine Gesellschaft ohne Rassismus, Antisemitismus und Hass.“

Die Staatsanwaltschaft veröffentlicht vorerst keine Ermittlungsergebnisse. Die Aufnahmen der Überwachungskameras in dem Hotel würden noch gesichtet und ausgewertet, erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Leipzig am Montag auf Anfrage. Unterdessen hat Gil Ofarim beteuert, den Stern getragen zu haben – auch an diesem Abend. „„Ich habe diese Kette immer an, ich bin auch bekannt dafür, dass ich immer mit dieser Kette auftrete“, sagte er „Bild“. Er sei sich bei seiner Aussage gegenüber der Polizei lediglich nicht sicher gewesen, ob er die Kette über oder unter dem T-Shirt getragen habe. Ofarim weiter: „Man kann den Stern auch durch das T-Shirt sehen. Ich wurde als Jude angegriffen, weil ich den Stern trage. Ich habe nicht gelogen, ich trage den Stern immer. (…) Ich mache so was sicher nicht aus PR-Gründen. Ich mache über solche Themen keine Witze.“

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