Unzufriedenheit in der Union Gesundheitsreform wieder auf der Kippe?

Berlin (rpo). Auch nach dem mühsam errungenen Kompromiss der Koalition reißt die Diskussion um die Gesundheitsreform nicht ab. Vor allem in der Union herrscht Unzufriedenheit. Ein CDU-Abgeordneter hat bereits angekündigt, der Reform nicht zuzustimmen.

Als erster aus der Unionsfraktion erklärte der CDU-Nachwuchspolitiker Marco Wanderwitz, er werde der Reform im Bundestag nicht zustimmen.

Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus mahnte die Unions-Regierungschefs zur Geschlossenheit. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil wies SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles in die Schranken, die ihrer Partei zu große Nachgiebigkeit bei den Verhandlungen vorgeworfen hatte. Er sagte der "Süddeutschen Zeitung", die finanzielle Überforderung der Versicherten sei verhindert worden.

Auch Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt verteidigte den Kompromiss: "Ich weiß, dass sich viele, auch aus der SPD, mehr gewünscht hätten, aber niemand konnte die reine Lehre umsetzen." Dafür hätten die Mehrheiten gefehlt, sagte die SPD-Politikerin bei einem Besuch der Barmer Ersatzkasse in Wuppertal.

Vizekanzler Franz Müntefering wollte verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Vorhaben nicht teilen. Er sei sicher, dass dies vorher alles bedacht worden sei, sagte er. Der Berliner Verfassungsgerichtspräsident Helge Sodan zweifelte dagegen an, dass zentrale Punkte mit dem Grundgesetz vereinbar seien. Dazu zählte er die Verpflichtung privater Krankenversicherungen, einen Basistarif anzubieten, sowie die Beschränkung der steuerfinanzierten beitragsfreien Mitversicherung für Kinder auf Kassenmitglieder.

Die Bundesregierung werde "sachdienliche Hinweise" berücksichtigen und in ihre Entscheidungen einbauen, versicherte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg. Das Kabinett will am 25. Oktober einen Gesetzentwurf beschließen und dann an Bundestag und Bundesrat weiterleiten. In beiden Kammern erwartet CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer "satte" Mehrheiten.

Althaus wies darauf hin, dass noch Einzelheiten geändert werden könnten. Der Ministerpräsident rief seine Unionskollegen auf, einmütig hinter der Reform zu stehen. Auch CSU-Chef Edmund Stoiber stehe zu den vereinbarten Grundlinien.

"Fass ohne Boden"

Wie der baden-württembergische Regierungschef Günter Oettinger betonte Althaus, dass er den Kompromiss nicht in Frage gestellt habe. Beide widersprachen damit einem Zeitungsbericht.

Von einem "Fass ohne Boden" sprach der Bund der Steuerzahler. Verbandspräsident Karl Heinz Däke sagte, die Koalition schaffe ein "bürokratisches Ungetüm" mit der Möglichkeit, immer mehr Geld hineinzupumpen.

Der CDU-Wirtschaftsrat hält den Gesundheitsfonds für den entscheidenden Fehler der Reform und betrachtete dessen Verschiebung auf 2009 als Chance für erhebliche Nachbesserungen. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) sprach von einem Kompromisspaket, "das niemanden glücklich macht, das aber erträglich ist und bei dem die Vorteile die Nachteile überwiegen". Es werde aber weitere Gesundheitsdiskussionen geben.

(ap)
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