Die Nachteile der schwarz-roten Pläne Gesundheitsreform - was wäre ohne sie?

Düsseldorf/Berlin (RP). Die große Koalition hat sich beim Thema Gesundheit völlig verhakt. Was aber wäre, wenn das neue Gesetz mit der umfassenden staatlichen Steuerung gar nicht zustande käme? Schwarz-Rot wäre womöglich am Ende. Für Patienten, Ärzte, Krankenhäuser und Pflegepersonal aber wäre es ein Segen.

Die Gesundheitsreform wird zum Sprengsatz der Großen Koalition. Beide Seiten wollen sie zwar, doch sie kommen nicht zusammen - obwohl sie sich in einer nächtlichen Sitzung vor der Sommerpause auf "Eckpunkte" verständigt hatten.

Was wäre aber, wenn die Reform platzen würde? Steuert dann das Gesundheitssystem ins Chaos? Die Koalition wäre womöglich am Ende, aber für Patienten, Ärzte, Krankenhäuser und Pflegepersonal wäre das Scheitern ein Segen. "Der Kompromiss der Koalition hat die Nachteile einer marktwirtschaftlichen Lösung mit den Nachteilen eines eher staatlichen Systems verbunden", ätzt der Hannoveraner Finanzwissenschaftler Stefan Homburg, der auch schon Bundeskanzlerin Angela Merkel in sozialpolitischen Fragen beraten hat.

Der neue Gesetzestext - ein Monstrum

Tatsächlich ist der von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) vorgelegte 511-seitige Gesetzestext ein Monstrum, das die Macht der Ressortchefin steigern, aber die Qualität der deutschen Gesundheitsversorgung massiv verschlechtern würde. Das fängt schon bei dem von der Union ersonnenen Gesundheitsfonds an. Eine so geschaffene zentrale Inkasso-Stelle wäre künftig das ideale Instrument zur Steuerung der Versicherungsbeiträge. Für Lobby-Gruppen und ausgabefreudige Parlamentarier böte sich eine gigantische Umverteilungsmaschinerie an - weit größer als im bisherigen System.

Der monströse Gesundheitsfonds findet seine Ergänzung in der Zusammenfassung aller Krankenkassen in einen gigantischen Bundesverband. Der würde - nach politischen Vorgaben - die Gelder an Ärzte, Apotheken, Pharmaindustrie und Krankenhäuser verteilen. Der wenige Wettbewerb, der im gegenwärtigen System der noch immer bestehenden 300Kassen vorhanden ist, wäre ausgelöscht zugunsten eines künstlichen Monopols in der Hand der Gesundheitsministerin und einiger Funktionäre.

Rund 144 Milliarden Euro an Gesundheitsausgaben würde Ulla Schmidt dann direkt kontrollieren. So viel wie der Umsatz des größten deutschen Konzerns DaimlerChrysler. Wenn aber Wettbewerb fehlt, wird die Ministerin kaum Wirtschaftlichkeitsreserven heben können.

Versickernde Steuergelder

Im Gegenteil: Die geplanten zusätzlichen Steuergelder würden versickern, ohne die Leistungsfähigkeit der Gesundheitsversorgung zu verbessern.

Das bestehende System hat gewiss gravierende Mängel. Der Wettbewerb unter den Ärzten und zwischen den Krankenhäusern ist durch kollektive Verträge zwischen den kassenärztlichen Vereinigungen, der Krankenhausgesellschaft und den Kassen nur eingeschränkt vorhanden.

Die Pharmakonzerne setzen mit Hilfe raffinierter Manipulationsmethoden und ihrer geballten Marktmacht in Deutschland vielfach höhere Arzneimittelpreise durch als im Ausland. Doch verglichen mit fast allen Reformvorschlägen ist das deutsche Gesundheitssystem noch immer eines der besten der Welt. Das gilt für die Lebenserwartung, bei der Deutschland weltweit führend ist, genau so wie für die Kindersterblichkeit, die so niedrig ist wie in kaum einem anderen Land. Patienten, egal welchen sozialen Stand sie haben, steht die gesamte medizinische Leistungspalette zur Verfügung. Jahrelange Wartelisten wie in Großbritannien, Schweden oder den Niederlanden gibt es in Deutschland nicht.

Mit einem Anteil am Bruttoinlandsprodukt von über elf Prozent ist der Gesundheitsmarkt längst ein zentraler Wirtschaftszweig hier zu Lande. Wegen des medizinisch-technischen Fortschritts und der verlängerten Lebenserwartung wird es in Zukunft eher noch mehr werden. Da nichts umsonst ist, werden auch die Ausgaben für Gesundheit weiter steigen und damit die Beiträge. Um so wichtiger sind deshalb Effizienz und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen.

(Rheinische Post)
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