BKK-Gesundheitsreport Pflege Pflegekräfte sind öfter krank – Jeder fünfte überlegt den Beruf aufzugeben

Berlin · Gründe für die häufigen Fehlzeiten von Pflegekräften sind vor allem Muskel-Skelett-Erkrankungen oder psychische Störungen. Der Krankenstand ist einer von verschiedenen Gründen, weshalb jede fünfte Pflegekraft darüber nachdenkt, den Beruf aufzugeben. Dies zeigt der aktuelle Gesundheitsreport Pflege der Betriebskrankenkassen.

Schon vor zwei Jahren waren Pflegekräfte überdurchschnittlich häufig krank. Durch die Pandemie wurde dies weiter verstärkt.

Schon vor zwei Jahren waren Pflegekräfte überdurchschnittlich häufig krank. Durch die Pandemie wurde dies weiter verstärkt.

Foto: dpa/Fabian Strauch

Alten- und Krankenpfleger sind häufiger krank als Beschäftigte in anderen Branchen. Dies zeigt der am Mittwoch in Berlin vorgestellte Gesundheitsreport des Dachverbands der Betriebskrankenkassen (BKK). Demnach fehlten Beschäftigte in der Altenpflege im vergangenen Jahr an 33,2 Tagen und Krankenpflegerinnen und -pfleger an 25,7 Tagen. Der Durchschnitt aller Beschäftigten liegt daneben bei 18,2 Fehltagen im Jahr.

Das sei wenig überraschend, sagte Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbands, in Berlin. Denn eine Beschäftigungsbefragung mit 6.000 Teilnehmern im Rahmen des Gesundheitsreports zeigt auch: Rund 90 Prozent empfinden den Pflegeberuf als körperlich und psychisch sehr belastend. Gleiches spiegelt sich auch in den Fehltagen wider. Altenpfleger hatten 2021 durchschnittlich 9,5 Krankentage aufgrund von Muskel-Skelett-Erkrankungen. Bei Krankenpflegern waren es 6,5 Tage. Aufgrund von psychischen Störungen hatten Krankenpfleger 2021 durchschnittlich 7,3 Fehltage, Krankenpfleger 5,5 Tage. „Pflege braucht mehr gesundheitsfördernde Arbeitsbedingungen“, sagte Knieps.

Insgesamt denke jede vierte Pflegekraft darüber nach, in den nächsten zwei Jahren den Arbeitgeber zu wechseln. Mehr als jeder Fünfte überlege den Beruf ganz aufzugeben, so die Ergebnisse des Reports. „Das sind Ergebnisse von jahrzehntelanger Vernachlässigung“, sagte Bernadette Klapper, Geschäftsführerin des Berufsverbands für Pflegeberufe, in Berlin. Gründe für den schlechten Zustand des Pflegeberufs seien die Deprofessionalisierung, die Ausdünnung des Personals und die andauernde Fremdbestimmung. „Das ist wie wenn man einem Elektriker vorschreibt, wie er die Kabel zu verlegen hat“, sagt Klapper. Genau das geschehe aber in der Pflege.

Aktuell sind rund 36.000 Stellen in der Pflege nicht besetzt. Der Bedarf wird jedoch sogar auf 100.000 Stellen geschätzt. Die umbesetzen Stellen und der hohe Krankenstand führten zudem zu einer Arbeitsverdichtung für die Einzelnen. Mehr als 40 Prozent der Alten- und Krankenpfleger denken, dass sie den Anforderungen an ihre Arbeit nur teilweise oder gar nicht gewachsen sind. 34,8 Prozent der Altenpfleger und über ein Viertel der Gesundheits- und Krankenpfleger (29,8 Prozent) bezweifeln, dass sie ihren Beruf bis zur Rente ausüben können.

Insgesamt brauche es mehr gesellschaftliche Wertschätzung. „Und damit meine ich natürlich nicht Klatschen“, sagte Klapper. Viel mehr brauche es eine bessere Personalbemessung, eine Stärkung der generalisierten Pflegeausbildung und mehr Selbstverantwortung der Pflege, so Klapper. Um die Attraktivität des Berufs zu erhöhen, brauche es auch eine Professionalisierung der Pflege wie in anderen europäischen Ländern, so Knieps. Konkret ist damit der Ausbau von Studienangeboten gemeint.

Direkt vor Ort brauche es vor allem verlässliche Dienstpläne, eine höhere Wertschätzung und Partizipation und mehr Unterstützung, da die Arbeit oft psychisch belastend sei, sagte Klapper. Außerdem brauche es eine bessere Vereinbarung von Familie und Beruf. Eine schlechte Vereinbarung von Familie und Beruf kritisiert die Hälfte der befragten Pflegekräfte.

Der BBK-Gesundheitsreport 2022 analysiert die Daten von rund neun Millionen Versicherten, darunter rund 4,4 Millionen beschäftigten BKK-Mitgliedern. Die Daten geben ein repräsentatives Bild für das Krankheits- und Versorgungsgeschehen in der Arbeitswelt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort