Letzte Projekte der großen Koalition Gespräche zur Pflegereform stocken: CDU kritisiert SPD
Berlin · Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will noch vor den Wahlen eine weitere Reform der Pflegeversicherung durchbringen. Vor allem Heimbewohner sollen entlastet werden. Doch das Vorhaben stockt.
Die Reform der Pflegeversicherung, die sich die große Koalition noch für diese Legislaturperiode vorgenommen hat, kommt nicht voran. Gespräche zwischen Union und SPD wurden ergebnislos vertagt.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag (CDU), kritisierte die SPD-Seite scharf. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn habe einen ersten Arbeitsentwurf vorgelegt, „der in eine gute Richtung geht“. Richtig sei aber auch, dass dieses Projekt teuer sei, und man angesichts der finanziellen Belastungen durch die Corona-Pandemie seriös und intensiv diskutieren müsse, wie und was davon finanziert werde könne.
„Jedoch hat der Koalitionspartner die Hürden für eine mögliche Einigung mit seinen Forderungen sehr hoch gelegt: Wissend, dass eine Bürgerversicherung mit uns nicht zu machen ist, fordert die SPD - ihr altes Anliegen nur leicht verschleiernd - nun einen Ausgleich zwischen der privaten und der sozialen Pflegeversicherung. Außerdem sperrt sich der Koalitionspartner auch gegen die sinnvollen Vorschläge, private Zusatzversicherungen weiter zu fördern oder den Pflegevorsorgefond auszuweiten (den die SPD ohnehin auflösen möchte) oder auch den Beitrag zur Pflegeversicherung für Kinderlose noch etwas zu erhöhen“, sagte Maag unserer Redaktion.
Sie unterstrich: „Nur eine Belastung der Steuerkasse und damit eine weitere Hypothek für die kommende Generation, ohne, dass wir auch die notwendige private Vorsorge stärken, wird es mit uns nicht geben." Wann nun weiter verhandelt wird, ist derzeit unklar. Die Zeit für die Reform wird jedenfalls knapp.
Bereits im November hatte der Minister Eckpunkte vorgelegt, vor kurzem legte er dann den Arbeitsentwurf vor. Spahn hatte bereits Anfang März erklärt, die Reform sei „im Grunde fertig". Es hänge nun an Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) und der Bundesregierung insgesamt, „ob wir uns gemeinsam diesen Schritt noch zutrauen".
Zentrales Anliegen ist eine Entlastung langjähriger Heimbewohner bei den ständig gewachsenen Eigenanteilen zur Pflege.
Aktuell müssen Heimbewohner für die Pflege einen Eigenanteil von 786 Euro pro Monat zuzahlen. Insgesamt beläuft sich der Zuzahlungsbetrag auf zuletzt durchschnittlich 2.068 Euro monatlich. Darin sind auch die Kosten für Verpflegung und Unterbringung sowie Ausbildungskosten berücksichtigt.
Indirekt zur Entlastung Pflegebedürftige beitragen soll auch eine Länder-Beteiligung an den Investitionskosten von Heimen - und zwar von monatlich 100 Euro für jeden Pflegebedürftigen. Darüber hinaus will Spahn, dass die Leistungen für die häusliche und stationäre Pflege von Anfang 2023 an jedes Jahr um 1,5 Prozent erhöht werden. Ab Pflegegrad 2 soll künftig ein jährliches Budget von 3300 Euro für Kurzzeit- und Verhinderungspflege zur Verfügung stehen. Pflegekräfte müssen ab 2022 Tariflöhne erhalten.
Die jährlichen Mehrausgaben summieren sich laut Entwurf mittelfristig auf 6,3 Milliarden Euro jährlich. Der größte Teil davon würde nach Spahns Plänen jedoch durch Steuergeld gestemmt. Der Bund hätte sich ab 2022 auf Mehrausgaben von rund 5,1 Milliarden Euro einzustellen. Die Pflegeversicherung hatte kürzlich mitgeteilt, dass sie das Corona-Jahr 2020 mit einem leichten Plus von 1,5 Milliarden Euro abgeschnitten habe. Das positive Ergebnis war allerdings nur möglich, weil der Bund im Rahmen des Pflegerettungsschirms einen Zuschuss von 1,8 Milliarden Euro überwies. Der AOK-Bundesverband fürchtet allein für das Jahr 2022 einen finanziellen Mehrbedarf in der Pflegeversicherung von 4,5 Milliarden Euro. (mit kna)