Berlin Gesetz zu Kinderehen im November

Berlin · Künftig sollen Jugendämter gezwungen werden, betroffene Paare anzuzeigen.

Den deutschen Behörden sind hunderte Kinderehen bekannt, viele davon betreffen Flüchtlinge. Nun will der Gesetzgeber wirksamer gegen Ehebündnisse Minderjähriger vorgehen. Voraussichtlich werde schon im November ein entsprechender Entwurf in den Bundestag eingebracht, teilte die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), unserer Redaktion mit.

Demnach sollen künftig Jugendämter per Gesetz verpflichtet werden, als Antragsteller Kinderehen vor Gericht zu bringen, sobald sie davon Kenntnis haben. "Das Gesetz muss so eindeutig gestaltet sein, dass derlei Ehen schnell aufgehoben werden können", forderte Winkelmeier-Becker. Geht es nach ihren Vorstellungen und denen ihrer Fraktion, solle den Ämtern beim Einreichen des Antrags kein Ermessensspielraum gewährt werden.

Zuletzt hatten Politiker und Verbände ein generelles Verbot aller Ehen gefordert, in denen mindestens einer der Partner minderjährig ist. Damit sollen vor allem Mädchen geschützt werden, sind sie doch überproportional oft von Kinderehen betroffen. Das zeigen auch jüngste Zahlen des Innenministeriums. Demnach sind von den insgesamt 1475 verheirateten Minderjährigen, die im deutschen Ausländerzentralregister aufgeführt werden, 1152 weiblich. Experten halten jedoch eine Regelung für international kaum durchsetzbar, wonach eine im Ausland geschlossene Ehe beim Grenzübertritt nach Deutschland einfach für ungültig erklärt würde. Daher will man im Bundestag nun die Option der gerichtlichen Aufhebungsverfahren wählen. Dieses Verfahren dürften aber nicht davon abhängen, dass einer der Ehepartner selbst vor Gericht ziehe, betonte CDU-Expertin Winkelmeier-Becker. "Meist sind die in die Ehe gedrängten jungen Frauen betroffen. Ihnen ist das nicht zuzumuten."

Ausnahmen oder einen Ermessensspielraum der Richter solle es vor Gericht nur dann geben, wenn die Ehefrau schon nahe an der Volljährigkeit sei. Winkelmeier-Becker betonte jedoch, dass es rechtlichen Schutz vor sexuellem Missbrauch oder Vergewaltigung unabhängig davon gebe, ob zwei Menschen verheiratet seien. Auch berechtige eine Ehe niemanden, über den Aufenthaltsort des Partners oder über sexuelle Handlungen zu bestimmen.

Parallel zu der Initiative im Bundestag befasst sich eine Bund-Länder-Kommission mit der Reform. Deren Ergebnisse könne man aber nicht abwarten, sagte Winkelmeier-Becker. "Trotzdem ist die Kommission wichtig, um möglichst alle Länder hinter dem Gesetz zu versammeln. Es ist anschließend auch deren Aufgabe, das Gesetz umzusetzen", so die CDU-Politikerin. Sie sei optimistisch, dass das gelingen werde.

(jd)
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