Spahns Apothekergesetz Kein Arztbesuch mehr nötig - Apotheker sollen künftig gegen Grippe impfen

Berlin · Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) legt sein Apothekengesetz vor, das die Apotheker mit eigenen Ladenlokalen stärken soll. Der Versandhandel darf sein Geschäft betreiben, bekommt aber mehr Regeln auferlegt.

 Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will künftig auch in Apotheken gegen Grippe impfen lassen.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will künftig auch in Apotheken gegen Grippe impfen lassen.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Wer sich gegen Grippe impfen lassen möchte, muss dafür künftig nicht mehr auf einen Termin beim Arzt warten. Das neue Apotheken-Gesetz von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sieht vor, dass auch Apotheker den schützenden Pieks setzen können. Dies geht aus dem Gesetzentwurf hervor, der unserer Redaktion vorliegt. Apotheker die auch Impfungen anbieten, sollen zuvor von Ärzten dafür geschult werden.

Spahn will den Apothekern einige Leistungen besser honorieren und ihnen mehr Kompetenzen zuteilen. Insgesamt geht es um 200 Millionen Euro jährlich. Im Gegenzug sieht der Gesundheitsminister von dem von den Apothekern geforderten Versandhandelsverbot ab. Das heißt, auch die Online-Apotheken ohne Ladengeschäfte können künftig in Deutschland ihr Geschäft weiter betreiben.

Anlass des Gesetzes ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Herbst 2016. Das Gericht sah es als nicht mit der EU vereinbar, dass es ausländischen Versandhändlern untersagt war, Kunden in Deutschland Preisnachlässe zu gewähren. Die Rabatte ihrer ausländischen Kollegen setzten wiederum die Apotheker in Deutschland unter Druck. Sie beklagten: Die Versandhändler würden sich die Rosinen herauspicken, indem sie Schwerkranke und chronisch Kranke mit den von den Kassen finanzierten Arzneien belieferten, während die Ladeninhaber in Deutschland Not- und Nachtdienste anbieten müssten. Viele lukrative Geschäfte entgingen ihnen aber durch die ausländische Konkurrenz. Der damalige Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) wollte daraufhin den Versandhandel der Apotheken verbieten, was die SPD aber nicht mitmachte. Im neuen Koalitionsvertrag setzte die Union das Versandhandelsverbot durch.

Davon macht Spahn nun aber keinen Gebrauch. Ein Verbot des Versandhandels gilt als juristisch angreifbar. So legt Spahn einen Gesetzentwurf vor, der den Versandhandel weiter zulässt und die Apotheker mit Ladengeschäft stärkt.

Die Apotheker sollen neue Dienstleistungen wie beispielsweise Mediaktionsanalysen, Arzneimitteltherapiesicherheit und die Erfassung bestimmter gesundheitlicher Merkmale ihrer Kunden anbieten können. Dafür sollen sie zusätzlich 150 Millionen Euro pro Jahr erhalten. Für die Nacht- und Notdienste, zu denen Apotheker mit Ladenlokalen verpflichtet sind, sollen unter dem Strich 40 Millionen Euro zusätzlich gezahlt werden. Pro abgegebener Packung gibt es 21 Cent zusätzlich. Die Abgabe von Betäubungsmitteln in der Apotheke muss künftig genauer dokumentiert werden. Dafür steigt der zusätzliche Betrag pro Packung, den die Apotheker erhalten, von derzeit 2,91 auf 4,26 Euro. Insgesamt sind dafür 15 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen.

Kleinere Wettbewerbsvorteile können die Apotheker mit Ladenlokalen aus weiteren Neuregelungen ziehen: So werden Arzneimittelabgabeautomaten gänzlich verboten, was dem Versandhandel eine Expansion erschwert. Außerdem sollen die Apotheken künftig mehr Botendienste anbieten, bei denen eine telefonische Beratung ausreicht. Parallel wird eine Temperaturkontrolle der Arzneimittel, die über  Versandhandel und Botendienste zu den Kunden gelangen, eingeführt. Diese dürfte für die Vor-Ort-Apotheken mit kurzen Wegen leichter einzuhalten sein.

(qua)
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