Genossen in der Krise SPD-Vorstand spricht sich für Doppelspitze aus

Berlin · An der Spitze der SPD soll künftig auch eine Doppelspitze stehen können. Der neue Parteivorsitz soll nach einer Mitgliederbefragung auf einem Parteitag Anfang Dezember gewählt werden.

 Die kommissarischen Parteivorsitzenden der SPD, Manuela Schwesig (l), Thorsten Schäfer-Gümbel und Malu Dreyer zu Beginn der Sitzung.

Die kommissarischen Parteivorsitzenden der SPD, Manuela Schwesig (l), Thorsten Schäfer-Gümbel und Malu Dreyer zu Beginn der Sitzung.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Dies beschloss der Parteivorstand am Montag auf einer Sitzung in Berlin, wie die drei kommissarischen SPD-Vorsitzenden Malu Dreyer, Thorsten Schäfer-Gümbel und Manuela Schwesig mitteilten. Die neue Parteispitze soll von den Mitgliedern gekürt und dann im Dezember vom Parteitag gewählt werden. Ihr müsse zwingend eine Frau angehören.

Eine Doppelspitze sei "kein Allheilmittel, aber die SPD braucht Kraft", sagte die kommissarische Parteichefin Malu Dreyer. Ko-Parteichef Torsten Schäfer-Gümbel sagte, die Parteiführung wolle Interessenten ausdrücklich ermutigen, sich als Team für die Parteiführung zu bewerben. Es werde aber auch Einzelkandidaturen geben können.

Die Kandidaten würden sich dann auf 20 bis 30 Regionalkonferenzen der Basis vorstellen. Am 26. Oktober solle das Ergebnis der Mitgliederbefragung vorliegen. Sollte kein Team oder kein Einzelbewerber auf 50 Prozent Zustimmung kommen, werde es eine Stichwahl mit einem erneuten Mitgliederentscheid geben. Ein Parteitag Anfang Dezember soll die Vorsitzenden formal wählen. Der Parteivorstand brachte zudem eine Satzungsänderung auf den Weg, die eine Doppelspitze in der Parteiführung ermöglicht.

Der Fahrplan:

- 1. Juli:

Ab diesem Tag können Zweier-Teams oder Einzelbewerber ihre Kandidatur für den SPD-Vorsitz einreichen. Für eine Kandidatur benötigen sie die Unterstützung von mindestens fünf Unterbezirken, einem Bezirk oder einem Landesverband.

- 1. September:

Die Bewerbungsfrist endet. Die Kandidaten sollen sich danach in 20 bis 30 Regionalkonferenzen der Basis präsentieren. Fünf Wochen lang, bis in den Oktober hinein, sollen sie bei den Mitgliedern für sich werben.

- Oktober:

Die rund 440.000 SPD-Mitglieder dürfen in einem Basisentscheid ihren Kandidaten oder ihr Kandidatenteam für die Parteispitze bestimmen.

- 26. Oktober:

Das Ergebnis des Mitgliederentscheids soll vorgestellt werden. Sollte kein Kandidat beziehungsweise kein Doppelteam über 50 Prozent der Stimmen erhalten, soll es einen Stichentscheid zwischen den beiden Erstplatzierten geben.

- 6. Dezember:

In Berlin kommt der Bundesparteitag der SPD zusammen. Er soll den oder die Gewinner des Mitgliederentscheids formell an die SPD-Spitze wählen.

Derweil hat der frühere SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel seine Partei dazu aufgerufen, eindeutiger Themen zu setzen und diese den Wählern zu kommunizieren. „Wahrscheinlich ist es besser, mit drei, vier, fünf Themen anzutreten und zu sagen: Das passt jetzt auf fünf Seiten. Und dafür treten wir an“, sagte Gabriel bei einer Verantstaltung des SPD-Wirtschaftsforums am Montag in Berlin. Die SPD berate auf Parteitagen zu viel über Halbsätze in umfangreichen Antragspaketen, die nicht einmal die Delegierten gelesen hätten. Den Grünen sei es mit dem Thema Klimaschutz gelungen, ein klares Ziel zu setzen, das auch identitätsstiftend wirke, so Gabriel.

Der ehemalige Vize-Kanzler kritisierte die Strukturen der bisherigen Volksparteien als unzeitgemäß: „Ich meine, das ist ja auch schwer erträglich: Gehen Sie mal in eine normale Parteiversammlung. Wenn Ihre Frustrationsschwelle da nicht hoch ist, kommen Sie kein zweites Mal. Weil das natürlich Strukturen sind, wo junge Leute sagen: Oh, bitte nicht!“

Den Umgang auch seiner eigenen Partei mit dem CDU-, aber auch SPD-kritischen Video des Youtubers Rezo bezeichnete Gabriel als „erbärmlich“. Über Rezo sagte er: „Ich hätte den auf den Gendarmenmarkt eingeladen mit drei Kameras und hätte mit dem geredet. Und wenn er nicht gekommen wäre, hätte ich eine Puppe hingesetzt und mich mit der unterhalten, weil es natürlich unmöglich war, gar nichts zu sagen.“ Die Parteien bräuchten mehr Mitarbeiter, die sich mit sozialen Netzwerken auskennen.

Das Video des Youtubers Rezo mit dem Titel „Die Zerstörung der CDU“ war kurz vor der Europawahl veröffentlicht und in wenigen Tagen mehrere Millionen mal geklickt worden. Die CDU erntete für ihren Umgang mit dem Video auch aus den eigenen Reihen Kritik.

(felt/dpa/REU)
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