Generaldebatte im Bundestag Die Opposition verpasst die Chance zur Abrechnung

Berlin · Normalerweise wird die Generaldebatte im Bundestag zu schwerem verbalen Schlagabtausch genutzt. Am Mittwoch wurde vier Stunden über den Etat der Kanzlerin debattiert, nur eine Stunde davon kommen Linke und Grüne zu Wort. Die Generalaussprache im Bundestag sagt viel aus über Koalitionsklima und Oppositionszustand.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht im Rahmen der Haushaltsdebatte im Bundestag in Berlin.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht im Rahmen der Haushaltsdebatte im Bundestag in Berlin.

Foto: dpa, dna cul

Die Opposition hat der großen Koalition von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) letztendlich "nur" Ideenlosigkeit und eine Politik zulasten junger Menschen vorgeworfen. "Sie bestellen, die Kinder und Enkel zahlen", sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt am Mittwoch in der Generaldebatte im Bundestag mit Blick auf milliardenteure Rentenpläne von Union und SPD.

Die Linke-Vorsitzende Katja Kipping kritisierte: "Sie ignorieren die sozialen Verwerfungen in diesem Land." Merkel verteidigte den Kurs der Bundesregierung beim geplanten Verzicht auf neue Schulden, der Energiewende und in Europa. In der Frage möglicher Steuerentlastungen wurden Differenzen zwischen den Partnern Union und SPD deutlich.

Göring-Eckardt beklagte, in den ersten 100 Tagen des schwarz-roten Bündnisses habe es keine neue Idee gegeben. Schwierige Entscheidungen würden auf die Zeit nach der laufenden Legislaturperiode verschoben. Schwarz-Rot verweise zwar auf eine Nullverschuldung im Etat 2015. Sie verschulde sich aber an Jungen, Armen und der Umwelt. "Die Unter- Dreißigjährigen jedenfalls haben nichts zu lachen." Kipping monierte, Merkels Kürzungspolitik in der Euro-Krise komme einer "unterlassenen Hilfeleistung bei lebensbedrohlichen Krankheiten" gleich.

Merkel verwies auf "erste Erfolge" in verschuldeten Euro-Ländern, die Krise sei aber noch nicht überwunden. Hohe Jugendarbeitslosigkeit sei nicht hinzunehmen. In der Weltwirtschaft gebe es "eine fragile Situation". Merkel machte klar, dass der Umbau der Energieversorgung in Deutschland nicht zulasten von Arbeitsplätzen gehen soll. Es könne nicht gewollt sein, "dass wir durch die Energiewende unsere eigenen Stärken schwächen", sagte sie mit Blick auf Industrie und Mittelstand. Daher habe die Regierung bei der EU um Ausnahmen bei der Ökostrom-Umlage gekämpft. Die Kanzlerin hob geplante Mehr-Investitionen etwa in Forschung und Verkehrswege hervor.

Zur Ukraine-Krise sagte die Kanzlerin: "Es ist leider an vielen Stellen nicht erkennbar, wie Russland zur Entspannung der Situation beiträgt." Es sei wichtig, dass es internationale Gespräche unter Beteiligung der Ukraine gebe. Grundsätzlich betonte Merkel: "Niemand, der erfolgreich sein möchte, kann heute seine eigenen Belange in den Vordergrund stellen." Interessenausgleich sei das Modell der Zukunft.

Über Wege zum Abbau heimlicher Steuererhöhungen durch die "Kalte Progression" gibt es Diskussionen in der Koalition. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann forderte dafür eine Einnahme-Kompensation an anderer Stelle. "Ohne solide und vollständige Gegenfinanzierung wird das nicht möglich sein." Konkrete Maßnahmen wie höhere Spitzensteuersätze nannte er nicht. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) stellte umgehend in Richtung Koalitionspartner klar: "Es wird auf keinen Fall eine Gegenfinanzierung durch Steuererhöhungen kommen." Dies sage er mit aller Bestimmtheit. "Wer das will, muss seine Pläne gleich beerdigen und begraben."

Oppermann hatte zuvor gesagt, es sei weder fair noch gerecht, wenn die Progression dazu führe, dass eine Lohnerhöhung für Facharbeiter nach Abzug von Steuern gerade zum Erhalt der Kaufkraft reiche. Deshalb müsse über den Abbau der "kalten Progression" und eine Gegenfinanzierung geredet werden. Auf keinen Fall dürfe nach einer Reform der Steuertarife weniger Geld für Investitionen, Bildung, Infrastruktur und kommunale Entlastung bereitstehen.

(dpa)
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