Evakuierung aus Libyen General Bescht: "Auftrag ausgeführt"

Düsseldorf (RP). Erfolgreiche Feuertaufe für den Evakuierungsverband der Bundeswehr. Volker Bescht (60) wäre in anderen Staaten ein umjubelter Held. In Deutschland hat dagegen kaum jemand beachtet, dass der Brigadegeneral die an diesem Wochenende erfolgreich beendete Operation "Pegasus" geführt hat: Sein Kommando evakuierte mit Flugzeugen aus dem Bürgerkrieg in Libyen 262 Menschen, davon 125 Deutsche.

Libyen versinkt im Bürgerkrieg
9 Bilder

Libyen versinkt im Bürgerkrieg

9 Bilder

Speziell die Flüge nach Nafurah ins Landesinnere galten als kritisch, weil man nicht sicher war, wie Gaddafis Luftwaffe oder bewaffnete Gruppen am Flughafen reagieren würden.

Im Gespräch mit unserer Redaktion zeigte sich Volker Bescht, zurzeit stellvertretender Kommandeur der Division Spezielle Operationen im hessischen Stadtallendorf, sehr zufrieden über den Ablauf. Erstmals sei der für Notfälle bereitstehende Evakuierungsverband der Bundeswehr im scharfen Einsatz getestet worden. "Wir waren sehr gut vorbereitet." Dem Befehlshaber des Einsatzführungskommandos, Generalleutnant Rainer Glatz, als Verantwortlichen für den erfolgreichen Evakuierungseinsatz konnte Bescht nach der Landung im niedersächsischen Wunstorf jetzt militärisch knapp melden: "Auftrag ausgeführt."

Zunächst hatten die deutsche Luftwaffe und die Lufthansa deutsche Staatsbürger ohne militärische Sicherung aus Libyen ausgeflogen. Da die Sicherheitslage aber immer undurchsichtiger wurde, entschied der Verteidigungsminister am 25. Februar, unter der Führung Beschts bewaffnete Kräfte für militärische Evakuierungsoperationen in den Mittelmeerraum zu schicken. Gestellt wurden sie vom Fallschirmjägerbataillon 373 aus Seedorf (Niedersachsen) und vom Feldjägerbataillon 252 aus Hilden.

Ein waghalsiges Manöver

Auch die deutsche Marine stellte Kräfte bereit: Der Einsatz- und Ausbildungsverband mit den Fregatten "Brandenburg" und "Rheinland-Pfalz" sowie dem Einsatzgruppenversorger "Berlin" steuerten Libyen an. Zusätzliches Personal, unter ihnen Marineschutzkräfte, Sanitätssoldaten, Sprachmittler und "interkulturelle Einsatzberater" wurden nach Informationen des Verteidigungsministeriums aus Deutschland zunächst nach Sardinien verlegt, wo sie den Marineverband verstärkten. Auch das mit elektronischen Aufklärungsmitteln bestückte Flottendienstboot "Oker", das zu dieser Zeit an einem Nato-Manöver teilnahm, wurde in das Seegebiet beordert.

Die Bundeswehr hatte verschiedene Möglichkeiten ausgearbeitet, um die zu Evakuierenden aus dem Krisenland herauszuholen. Ersatzweise war auch geplant, mit Speedbooten einen Jachthafen bei Tripolis anzusteuern. Da die Flughäfen aber noch offen waren, sei diese Alternative entfallen, berichtete der General weiter. Ständig habe man Informationen, beispielsweise über Straßensperren an den Flughäfen, eingeholt. In Nafurah habe ein britischer Soldat des geheimnisumwitterten "Special Air Service" vorher die Landebahn für die deutschen "Transall" von Hindernissen befreit. "Die Flugrouten mussten wir jeweils nach der Reichweite der Flugabwehrraketen der Libyer planen. Denn wir wussten nicht: Wer ist aktuell in deren Besitz?"

Genau der Richtige

Volker Bescht, in Bad Bevensen bei Lüneburg geboren, war für diesen kniffligen Einsatz genau der Richtige: Der Vater dreier Kinder sitzt nicht gern am Schreibtisch, sondern teilt lieber mit seinen Soldaten Entbehrungen und Gefahren — wie 2006 im Kongo, wo Beschts Truppe die Wahlen abzusichern half. Mut beweist der General auch gegenüber Politik und Gesellschaft. So forderte er 2009 provokant mehr Solidarität beim Afghanistan-Einsatz: Seine Soldaten hätten den Eindruck, "dass man in Deutschland eher damit leben kann, wenn einer unserer Soldaten getötet wird, als wenn sie ihre Gegner töten”, sagte er als scheidender Kommandeur der Luftlandebrigade 26 zum Entsetzen des Verteidigungsministeriums öffentlich. Diese Brigade hatte acht Gefallene und zwölf Schwerstverwundete zu beklagen. Zeitgleich gründete Bescht deshalb einen Verein zur Unterstützung der Verwundeten und ihrer Angehörigen.

Bei der Operation "Pegasus" (das fliegende Pferd aus der griechischen Mythologie) sind laut Bundeswehr rund 1000 Soldaten eingesetzt worden. Dazu zählten die Besatzungen von bis zu acht Transall-Maschinen und ein Airbus A 310. Der Marineverband bleibt noch vor Ort. Gestern übernahm er in der tunesischen Hafenstadt 412 Ägypter, die sich aus Libyen nach Tunesien geflüchtet hatten. Sie werden nach Alexandria gebracht.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort