Kommunikations-Chaos um Stuttgart 21 Geißler relativiert Baustopp-Äußerungen

Stuttgart (RPO). Verwirrung um Stuttgart 21: Nachdem Streitschlichter Heiner Geißler den Baustopp für den Verlauf der Verhandlungen ankündigt, wollen Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) und Bahn-Chef Rüdiger Grube nichts von einer Verabredung wissen, die Bagger stillstehen zu lassen. Einen Dissens soll es aber nicht geben. Der Schlichter rudert nun zurück.

Heiner Geißler - streiterprobter Querdenker
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Geißler wurde am Mittwoch in einer Regierungserklärung von Stefan Mappus zum Schlichter für Stuttgart 21 ernannt. Vor dem ehemaligen CDU-Generalsekretär liegt eine schwere Aufgabe: Geißler soll den seit Wochen erbitterten Streit um das Bauprojekt beenden und mit Baubefürwortern und Baugegnern eine gemeinsame Lösung finden.

SPD und Grüne zufrieden mit angekündigtem Baustopp

Geißlers Ankündigung hatte bei SPD und Grünen zunächst ein positives Echo hervorgerufen. Kretschmann zeigte sich überzeugt, dass "wir auf einem guten Weg zu ernsthaften Gesprächen sind". Er fügte hinzu: "Es werden während der kommenden Gespräche keine Fakten geschaffen, und damit ist eine gute Grundlage dafür gelegt, dass diese Gespräche auch zu einem erfolgreichen Ende gebracht werden können."

Auch in der SPD stieß die Ankündigung auf Zustimmung. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Florian Pronold, begrüßte den ursprünglich angekündigten Baustopp. Zugleich bekräftigte er die Forderung seiner Partei nach einer Volksabstimmung.

Gegner wollen weiter protestieren

Geißler hatte bereits zuvor via Interview versucht, die aufgeheizte Stimmung zu beruhigen. Wie auch im Arbeitsrecht müsse jede Seite auf "Kampfmaßnahmen" während der Schlichtung verzichten. Er werde sein Mandat sofort niederlegen, sollte klarwerden, dass man ihn "nur pro forma" eingesetzt habe, kündigte der 80-Jährige der "Süddeutschen Zeitung" an.

Geißler stellte am Abend bei seiner Ankündigung eines Baustopps klar, dass das Grundrecht auf Demonstration von der Friedenspflicht nicht betroffen sei. Zugleich äußerte er allerdings den Wunsch, dass die aggressive "Begleitmusik" aufhöre.

Gutachten hält Ausstieg für möglich

Der Berliner Protestforscher Dieter Rucht gab dem Schlichtungsversuch im Südwestrundfunk kaum eine Chance. Er sehe nur Kompromissmöglichkeiten für nachgeordnete Fragen, wie die Gestaltung der freiwerdenden Fläche oder zu sparende Kosten. Die Grundsatzfrage "Über oder unter Tage?" lasse sich so nicht entscheiden, sagte er.

Auch der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger hält Geißlers Spielraum für gering. "Heiner Geißler kann nicht von Stuttgart aus eine verfehlte Bahnpolitik korrigieren. Das kann allein die Bundesregierung in Berlin", sagte Weiger.

Unterdessen ergab ein Gutachten eines Juristen des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, dass ein einseitiger Ausstieg des Landes aus dem umstrittenen Projekt rechtlich offenbar möglich ist. "Weder das Haushaltsrecht des Landes Baden-Württemberg noch Entschließungen des Landtages aus der Vergangenheit binden das Land für die Zukunft", heißt es in der Studie, die der baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Peter Friedrich (SPD) in Auftrag gegeben hatte. Auch kommt das Gutachten zu dem Schluss, dass der Ausstieg aus dem Vertrag per Volksabstimmung beschlossen werden könnte.

(AFP/rm)
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