Unzufriedenheit mit Information durch Regierung Geheimdienst-Kontrolle soll transparenter werden

Berlin/Pullach · Das Parlamentarische Kontrollgremium der deutschen Geheimdienste ist unzufrieden mit der Regierungsinformationen. Sie pochen darauf, zeitnah informiert zu werden. Mit einer Reform ihrer eigenen Arbeit wollen sie dieser Forderung nun Nachdruck verleihen.

Friedrich macht Romann und Maaßen zu Chefs
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Berlins geheimstes Gremium will mehr Transparenz. Was schizophren klingt, ist den parlamentarischen Kontrolleuren der deutschen Geheimdienste bitterer Ernst. Sie wollen nicht länger die Stichworte für dringende Nachfragen erst aus der Zeitung erfahren.

Wie sie dem durch eine Reform ihrer eigenen Arbeit Nachdruck verleihen können, besprachen die Mitglieder des ohnehin streng geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) am Dienstag an einem abgeschiedenen Ort; dem Noch-Hauptsitz des Bundesnachrichtendienstes in Pullach.

Nach der zweitägigen Klausur meldete der scheidende PKGr-Chef Michael Grosse-Brömer (CDU) im Gespräch mit unserer Redaktion einen "Erfolg". Die Runde habe sich darauf verständigt, das PKGr künftig in zusätzlichen Sitzungen und regelmäßigen Klausurtagungen häufiger zusammentreten zu lassen.

Erstmals Düsseldorferin Piltz dabei

Außerdem wird es zu einer personellen Verstärkung kommen. "Wir werden mit drei weiteren, besonders befugten Mitarbeitern die operative Arbeit des PKGr stärken", kündigte der CDU-Politiker an. "Durch diese Neuerungen gewährleisten wir eine aktivere — und weniger reaktive — parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste", erläuterte der Vorsitzende, der seine Funktion mit seinem SPD-Kollegen Thomas Oppermann zum Jahreswechsel tauscht. Der Vorsitz wechselt jährlich zwischen Mehrheit und Minderheit.

Erstmals dabei war die frisch ins Gremium gewählte Düsseldorfer FDP-Abgeordnete und Fraktionsvize Gisela Piltz. Sie ist nun auch zu absoluter Geheimhaltung der Nachrichtendienstoperationen verpflichtet. Doch ihren ersten Eindruck vom Reformbedarf des Gremiums durfte sie schildern: "Effektive Kontrolle bedarf mehr als einer Reihe von Abgeordneten, die in einem fensterlosen und abhörsicheren Raum zusammensitzen."

Darin sind sich Koalition und Opposition einig. Grünen-PKGr-Mitglied Hans-Christian Ströbele hält es für "absolut notwendig, das Gremium effektiver zu machen". Bei den Geheimdiensten sei "vieles gelaufen", von dem das Gremium keine Ahnung gehabt habe oder über das die Abgeordneten erst informiert worden seien, wenn sie nachfragten, nachdem es mit zeitlicher Verspätung in den Zeitungen gestanden habe.

Das Beispiel NSU

"Nehmen Sie nur einmal die ,Operation Rennsteig'", sagt Ströbele als prekäres Beispiel. Da habe der Verfassungsschutz sich über Jahre bemüht, V-Leute in der rechtsextremistischen Szene in Thüringen zu finden, ohne das PKGr auch nur einmal zu informieren. "Hätten wir etwas von den rassistischen Umtrieben dort gewusst, hätten wir auch noch vom Untertauchen der drei Neonazis erfahren, dann wären wir vielleicht selbst auch auf Ideen gekommen, wie das alles mit der Mordserie an Migranten zusammenhängen könnte", so Ströbele.

Die Abgeordneten schauten sich im Vorfeld der Reform-Überlegungen auch in den USA genauer an, was der Kongress bei der Kontrolle der Geheimdienste dort vielleicht besser macht. Klarer Lerneffekt für Ströbele: "Dort durchleuchten ganze Teams die aktuelle Arbeit der Geheimdienste — so kann ich mir sehr gut vorstellen, dass auch wir häufiger Sachverständige mit einem Team darauf ansetzen, bestimmte Themen, Bereiche oder Abteilungen der Dienste in unserem Auftrag intensiver zu untersuchen und uns darüber zu berichten."

Im Vorfeld der Klausur hatten die Fraktionen Sympathie auch für die Idee, das Modell eines Wehrbeauftragten auf die Geheimdienstkontrolle zu übertragen. Diese Variante fiel dem Vernehmen nach in Pullach durch. Zur Arbeitserleichterung wird nun aber noch darauf gedrungen, dass Abgeordnete aus ihrem eigenen Stab Mitarbeiter für die Recherche abstellen können. Doch dafür und für weitere Pläne müsste erst das Gesetz geändert werden. Fürs Erste wollen die Kontrolleure durch mehr Sitzungen zumindest erreichen, dass sie die aktuellen Themen abgearbeitet bekommen.

(may-)
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