Jeder Dritte in NRW Zahl der Ausländer in Gefängnissen auf Rekordhoch

Exklusiv | Berlin · Der Anteil nichtdeutscher Gefangener hat in vielen Bundesländern stark zugenommen. In Hamburg und Berlin kommt schon jeder zweite Häftling aus dem Ausland, in NRW jeder Dritte.

 Ein Gefängnisinsasse blickt nach draußen (Symbolfoto).

Ein Gefängnisinsasse blickt nach draußen (Symbolfoto).

Foto: dpa/Marijan Murat

Der Anteil ausländischer Strafgefangener in deutschen Gefängnissen hat einen neuen Rekordwert erreicht. In Berlin und Hamburg kommt bereits mehr als jeder zweite Häftling aus dem Ausland. In NRW stieg der Anteil seit 2015 von 33 auf mehr als 36 Prozent. Das ergab eine Umfrage unserer Redaktion bei allen Länderjustizministern.

Eine bundesweite Gesamtzahl lässt sich wegen unterschiedlicher Bezugsgrößen und Stichtage in den einzelnen Ländern nicht addieren. Alle Bundesländer melden jedoch einen zum Teil sehr starken Anstieg ausländischer und staatenloser Gefangener in den letzten drei bis fünf Jahren. Auch der Ausländeranteil in den ostdeutschen Ländern steigt neuerdings zum Teil rapide. So registrierten die sächsischen Justizvollzugsanstalten zum Stichtag März 2016 noch 482 Ausländer, zwei Jahre später 601 und derzeit 981. Die stärksten Gruppen stellten dabei Häftlinge aus Polen, Tunesien, Libyen, Tschechien und Georgien.

In den westlichen Bundesländern stieg der Ausländeranteil seit 2016 in Hamburg von 55 auf 61, in Berlin von 43 auf 51, in Niedersachsen von 29 auf 33, in Rheinland-Pfalz von 26 auf 30, in Baden-Württemberg von 44 auf 48, in Bremen von 35 auf 41, in Schleswig-Holstein von 28 auf 34 und im Saarland von 24 auf 27 Prozent deutlich an. Hessen verzeichnete vor drei Jahren bereits einen Anteil von 44,1 Prozent, der geringfügig auf 44,6 Prozent anstieg. Bayern registrierte seit 2012 sogar eine Zunahme von 31 auf 45 Prozent.

Während in Mecklenburg-Vorpommern 160 ausländische Gefangene aus 66 verschiedenen Ländern kamen, waren es in Baden-Württemberg 3569 Ausländer aus 98 Staaten. Die meisten stammen hier aus der Türkei, aus Gambia, Rumänien, Algerien, Italien, Georgien, Polen, dem Kosovo, Syrien und Albanien.

Ein besonderes Augenmerk haben die Strafvollzugsbehörden auf Gefangene mit islamistischem Hintergrund. „Die Zahl der Gefangenen, die wegen ihrer islamistischen Gesinnung auffällig geworden sind, ist in den vergangenen beiden Jahren stark angestiegen“, berichtet der Stuttgarter Justizminister Guido Wolf. Noch bis 2016 habe es sich nur um eine einstellige Zahl gehandelt, im Verlauf des Jahres 2017 seien es je nach Zeitpunkt zwischen 20 und 30 gewesen, nun 45. „Unsere Beamten im Justizvollzug, die ohnehin schon großen Belastungen ausgesetzt sind, stellt das vor weitere Herausforderungen“, so Wolf. „Wir tun alles, um Anzeichen für eine islamistische Radikalisierung frühzeitig zu erkennen und dieser entschieden entgegenzutreten“, versichert der CDU-Minister.

In Nordrhein-Westfalen befinden sich unter den 5683 Gefangenen ohne deutsche Staatsangehörigkeit 32, die wegen Gründung oder Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung in Haft sind. [Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Textes hieß es: „...verurteilt worden sind.“]

Weitere drei landeten wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat hinter Gittern.

In Hessen bewegt sich die Zahl der Gefangenen mit Islamismus-Bezug „im unteren zweistelligen Bereich“, teilte das Büro des Justizministers mit. Sie stünden „unter besonderer Beobachtung“, hieß es. Im Januar seien in den hessischen Justizvollzugsanstalten rund 1280 Gefangene muslimischen Glaubens gezählt worden; das entspreche einer Quote von 27,4 Prozent. In manchen Anstalten nähmen rund 40 Prozent der Insassen das Angebot zur Teilnahme am Freitagsgebet an.

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