Bundespräsident zur NSA-Affäre Gauck zollt Snowden Respekt

Berlin · Bundespräsident Joachim Gauck hat anders als die Regierung von Kanzlerin Angela Merkel dem Enthüller der US-Spähaktionen, Edward Snowden, ausdrücklich Respekt gezollt.

Joachim Gauck – Bundespräsident und Bundesbeauftragter für Stasi-Akten
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Es könne sein, dass sich Institutionen von Recht und Gesetz entfernten. "Dieser Missstand lässt sich in der Regel erst dann beheben, wenn Informationen darüber öffentlich werden", sagte Gauck der "Passauer Neuen Presse". "Wer sie an die Öffentlichkeit bringt und dabei aus Gewissensgründen handelt, der verdient Respekt." Die US-Regierung betrachtet Snowden dagegen als Verräter, weil er geheime Informationen preisgegeben hat.

Gauck kritisierte, dass die Abhöraktionen der US-Geheimdienste der Freiheit schade. "Diese Affäre beunruhigt mich sehr", sagte er. "Die Angst, unsere Telefonate oder Mails würden von ausländischen Nachrichtendiensten erfasst oder gespeichert, schränkt das Freiheitsgefühl ein - und damit besteht die Gefahr, dass die Freiheit an sich beschädigt wird." Sie gehöre zu den Grundrechten eines demokratischen Rechtsstaats.

Auch der IT-Branchenverband Bitcom hatte mit Hinweis auf eine neue Umfrage gewarnt, dass die Berichte das Vertrauen der Internet-Nutzer in die Sicherheit ihrer Daten erschüttert habe. Der US-Politikwissenschaftler Dan Hamilton hatte den Deutschen dagegen Naivität vorgeworfen, wenn sie glaubten, dass ausländische Dienste nicht gegenseitige Spionage betrieben. Gauck räumte nun ein, dass der Staat manchmal die Freiheit einschränken müsse, etwa um Bürger vor Terrorismus zu schützen.

Dennoch gebe es in der Verfassung das "Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der Menschenwürde". Der Bundespräsident forderte, dass stets die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden müsse.

Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Snowden hatte Dokumente veröffentlicht, nach denen amerikanische Geheimdienste die eigenen Bürger und Regierungen anderer Staaten in beispiellosem Umfang ausspähen. Davon soll auch Deutschland betroffen sein.

Der Geheimdienst NSA hat dies in einem Dokument für die Bundesregierung dementiert. Das Papier wurde dem geheimen Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages am Donnerstag vorgelegt. Demnach gibt es drei Prism-Programme, von denen nur eines die globale Ausspähung betrifft. Diese sei aber keineswegs flächendeckend, sondern unter strengen Beschränkungen zielgerichtet und punktuell. Das US-Repräsentantenhaus hatte am Mittwoch eine Verschärfung der Regeln für die NSA mit knapper Mehrheit abgelehnt.

Gabriel: Regierung dringt nicht ausreichend auf Aufklärung

SPD-Chef Sigmar Gabriel warf der Bundesregierung vor, nicht ausreichend auf eine Aufklärung in den USA zu drängen. Zudem forderte er im Deutschlandfunk, Kommunikationsfirmen in Europa zu verpflichten, ihre Daten zu verschlüsseln. Dies erschwere eine Ausspähung zumindest.

Der frühere Chef des Bundesnachrichtendienstes, Hansjörg Geiger, forderte im Deutschlandradio Kultur einen "Intelligence Kodex", der das Verhalten von Geheimdiensten zumindest unter Verbündeten regeln soll. Dies sei schneller zu realisieren als ein Abkommen der Vereinten Nationen. "Es müsste in dem Kodex geregelt werden, dass gegenseitige politische und Wirtschaftsspionage definitiv aufhören muss", sagte Geiger. Er unterstütze aber die Initiative der Bundesregierung für ein UN-Datenschutzabkommen.

(REU)
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