Bundespräsident sorgt für Wirbel Gauck vermisst ein Zeichen Israels
Jerusalem · Der Bundespräsident fordert die israelische Regierung auf, in der Siedlungspolitik ein konstruktives Zeichen für die Palästinenser zu setzen. Seine zweifelnden Äußerungen über das Einstehen Deutschlands für Israel im Ernstfall sorgen für Aufregung.
Bundespräsident Joachim Gauck hat Israel aufgefordert, in der Siedlungspolitik ein konstruktives Zeichen für die Palästinenser zu setzen. "Ich wünsche mir, dass Israel in der Siedlungspolitik ein Zeichen setzt", sagte Gauck auf einem Staatsbankett, das der israelische Präsident Schimon Peres am Dienstagabend für Gauck gab.
Deutschland unterstütze jede Friedensbemühung Israels. "Ein solcher Frieden setzt voraus, dass Israel und ein unabhängiger, lebensfähiger palästinensischer Staat Seite an Seite in Sicherheit und anerkannten Grenzen leben können", sagte Gauck.
Der Rückhalt für den gemäßigten Palästinenserpräsidenten Mahmoud Abbas, den Gauck am Donnerstag besuchen wird, schwindet aus deutscher Sicht, sollte Israel seine aggressive Siedlungspolitik im Gaza-Streifen und anderen palästinensischen Gebieten unverändert fortsetzen.
Die Bundesregierung setzt sich wie Gauck für eine Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten ein. "Dies erfordert, dass beide Seiten aufeinander zugehen. Nur durch mutige Schritte wird es möglich sein, den Stillstand im Friedensprozess zu überwinden", sagte Gauck.
Wie misstrauisch Israel selbst auf arabische Journalisten reagiert, war beim Empfang Gaucks am Sitz des Präsidenten Schimon Peres zu spüren. Ein arabischer Fotograf, der Gaucks Besuch dokumentieren wollte, musste sich bei der Sicherheitskontrolle komplett entkleiden, bevor er eingelassen wurde.
Gauck stattet Israel und den Palästinensischen Gebieten seit Montag seinen ersten Staatsbesuch als Bundespräsident ab. Am Dienstag legte der 72-Jährige in der Gedenkstätte Yad Vashem für die Opfer des Holocaust einen Kranz nieder und trug sich in das Gästebuch ein. Heute trifft Gauck zu einem Mittagessen mit Ministerpräsident Benjamin Netanyahu zusammen.
Für Wirbel sorgten Äußerungen Gaucks über die von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) 2008 vor der Knesset verkündete Doktrin, Deutschland werde nie aufhören, für die Sicherheit nd das Existenzrechts Israels einzustehen. Diese deutsche "Staatsräson" könnte nach Gaucks Einschätzung kaum aufrecht erhalten werden, käme es tatsächlich zum Krieg.
Ein "Präventivschlag" Israels gegen den Iran sei zwar derzeit "nicht vorgesehen", sagte Gauck. Doch er wolle sich nicht ausdenken, in welche "enormen Schwierigkeiten" Merkel geriete, wenn es doch zum Krieg mit dem Iran käme. "Ein Land wie Deutschland tut sich ausgesprochen schwer mit militärischen Aktionen", sagte Gauck — und signalisierte damit seine Einschätzung, dass Deutschland Israel wohl kaum militärisch verteidigen würde.
Entrüstet reagierten dagegen Kommentatoren in deutschen Medien, etwa Alan Posener in der "Welt". Der stellte unmissverstäbdlich Gaucks Eignung als Bundespräsident in Frage. Mit seinen Äußerungen habe der nicht nur die Position der Kanzlerin desavouiert, sondern auch der Position des Westens in der Auseinandersetzung mit dem Iran geschadet.
Angesprochen auf die Entrüstung einiger über seine Worte, sagte Gauck am Mittwochabend: "Wenn jemand gemeint hat, eine Distanz zwischen der Bundeskanzlerin und mir in der Wortwahl herzustellen, dann wäre das ein Irrtum." Er sei "in der Sache ganz dicht bei Angela Merkel". Er habe sich aber Gedanken gemacht, "dass wir alle der Öffentlichkeit noch sehr viel intensiver die Bedeutung dieser Aussage (der Kanzlerin zur Staatsräson, d. Red.) klarmachen müssen".