Bundespräsident: "Deutschland kann noch mehr tun!" Gauck als Mahner für mehr Flüchtlingsrechte

Berlin · Hoher Besuch in der Französischen Friedrichstadtkirche: Mit einer eindringlichen Rede eröffnete Bundespräsident Joachim Gauck am Montag das 14. Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz. In seinem rund 30-minütigen Beitrag appellierte er an die Politik, Flüchtlingen mehr Rechte zu geben. Deutschland könne noch viel mehr für Flüchtlinge tun, so sein Credo.

 Bundespräsident Joachim Gauck beim 14. Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz.

Bundespräsident Joachim Gauck beim 14. Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz.

Foto: dpa, nie hpl

Bereits in seiner vergangenen Weihnachtsansprache hatte Gauck vor allem unter dem Eindruck der Flüchtlingskatastrophen vor Lampedusa zu mehr Solidarität aufgefordert. "Tun wir wirklich schon alles, was wir tun können?", hatte er gefragt und dazu aufgefordert, "unser Herz nicht eng zu machen mit der Feststellung, dass wir nicht jeden, der kommt, in unserem Land aufnehmen können".

Nach verschiedenen Besuchen bei Flüchtlingen, sei es in Übergangsheimen in Deutschland oder bei einer Reise in die Türkei vor zwei Monaten, bei der er auf syrische Flüchtlinge traf, wandte sich der Bundespräsident bei der Veranstaltung an die Politik und wurde konkret: Eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik müsse sicherstellen, dass kein Flüchtling ohne Anhörung seiner Fluchtgründe zurückgewiesen werden dürfe, forderte er.

Und: Für ein Asylverfahren müsse es nicht nur in Deklarationen, sondern auch in der Realität in allen europäischen Ländern die gleichen Bedingungen geben. Die Verfahren selbst müssten effektiver gestaltet werden, damit die Flüchtlinge möglichst schnell Klarheit über ihre Situation hätten. Zudem müssten die Lasten, die durch die Aufnahme von Flüchtlingen entstünden, innerhalb der EU gerechter verteilt werden.

Gauck ging aber noch einen Schritt weiter: Es müsse grundsätzlich mehr legale Einreisemöglichkeiten für Flüchtlinge geben, warb er. So sei etwa eine größere Durchlässigkeit zwischen den Zugangswegen "Asyl" und "Arbeitsmigration" notwendig.

Denn: Wer einmal vergeblich um Asyl gebeten habe, werde hierzulande kaum durch ein anderes Tor Einlass finden, meinte er und wies auf den Widerspruch hin, dass Flüchtlinge, die hier abgewiesen würden, in vielen Fällen gute und gefragte Qualifikationen mitbrächten.

"Viele der Flüchtlinge, die es bis nach Deutschland geschafft haben, sind hochmobil, flexibel, mehrsprachig, leistungs- und risikobereit", so Gauck. Das Recht auf Asyl dürfe weiterhin nicht verhandelbar sein. Aber es sollte geprüft werden, ob nicht unterschiedliche Zuzugsmöglichkeiten vom Studium bis zum Familiennachzug gewährt werden könnten, zumal die Grenzen zwischen politisch erzwungener, wirtschaftlich begründeter und tatsächlich freiwilliger Migration oft fließend seien.

Gauck hat prominente Unterstützer für seinen Vorschlag: Am Wochenende hatte sich die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Aydan Özoguz (SPD), dazu geäußert. Özoguz, die am Dienstag zu dem Berliner Symposium erwartet wird, sprach sich ebenfalls für mehr legale Zugangswege für Flüchtlinge aus.

Bereits vor einigen Monaten hatte der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt, in einem Interview angeregt, gut ausgebildeten Wirtschaftsflüchtlingen ein oft aussichtslose Asylverfahren zu ersparen.

Gauck appellierte leidenschaftlich an seine Zuhörer: Migration könne ein starker Entwicklungsmotor sein, auch für die Herkunftsländer. Programme könnten auf längere Sicht auch den Gemeinschaften helfen, die sie verlassen hätten. So überwiesen Migranten dreimal so viel Erspartes in ihre Herkunftsländern wie öffentliche Entwicklungsgelder flößen. Und sie brächten ihre Kenntnisse in ihr Heimatland ein, falls sie zurückkehrten.

Zum Abschluss seiner Rede wurde es in der Kirche fast ein bisschen pastoral, als Gauck meinte, zwar werde es nie möglich sein, genug zu tun. Wenn "wir das Mögliche aber nicht tun", verlören wir letztlich aber "unsere Selbstachtung".

(KNA)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort